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Montag, 29. August 2011

15. Vier-Hübel-Tour am 28.08.2011

Heute früh hatte ich richtig Bock, stand auf, war glücklich, und die Sonne schien auch noch. Also auf zum Col de Fichtel, um über die vier (eigentlich fünf) Hübel zu drücken. Seit dem Heavy24 war’s der erste „Wettkampf“ für mich. Am Vortag konnte ich keinen Meter radeln, da es draußen schüttete und ich mal wieder keinen Bock hatte, mich einzusauen bei der Suppe. Also fand die Vorbelastung am Sonntagmorgen auf der B95 statt – mit dem Kfz natürlich. Ich wollte unbedingt 8.30 Uhr oben sein, weil Onkel Hans alias Dieter Birr gemeint hat, um halb neun werden die Flaschen aufgeteilt … Ich war saupünktlich. Dort stand er auch schon in voller Pracht, unser Onkel Hans, und staunte nicht schlecht. Ja, auch ein Burni kann pünktlich sein. Es war alles perfekt organisiert vom RSV Erzgebirge und dem Team Stein-Bikes. Auf jedem Hübel sollten mindestens zwei Betreuer mit Flaschen und Standluftpumpe stehen. Traumhaft. Man musste sich um das leibliche Wohl also keine Sorgen machen.
Es waren viele Heizer am Start, die ich neun Wochen lang nicht sehen konnte – auch André Meyer, der Polofahrer, mit hübscher Dame an seiner Seite. Doch er stänkerte schon am Morgen, ich solle doch keine Flaschen bekommen, weil ich das falsche Trikot angezogen habe. Ich verdrängte das zunächst, während ich in der endlosen Anmeldeschlange stand. Weil jedes Gramm zählt, besuchte ich noch mal die 1000 m hoch gelegene Latrine, doch auch hier war Schlangestehen angesagt. Und ein Duft wie im Märchen … trotz der dünnen Luft in dieser schwindelerregenden Höhe.
Auf der Abfahrt zum Marktplatz testete ich gleich mein frisch montiertes 44er Kettenblatt - mit dem 42er werde ich einfach nicht glücklich – und stellte fest, dass ich durchaus bei 70 km/h noch treten konnte. Ein Traum. Im Tal traf ich dann sogleich Herrn Lasseck und „Patte“ Müller, vertraute dem Rico ein Geheimnis an, wo man in O’thal ungestraft pinkeln kann, entledigte mich auch noch unnötigem Ballast, gab die Jacke bei Heike Renner ab, drängelte mich in der Startreihe ganz nach vorn, und auf ging’s zur Hübelhatz.
Die ersten Attacken gab’s schon in O’thal an der Schwebebahn hinauf Richtung Hotel. Danach ging es aber piano weiter, und nur ein unbekannter Tscheche verabschiedete sich recht bald nach vorne. André Meyer gab mir während der ruhigen Fahrt zu verstehen, ich sei dick geworden, bzw. fragte mich, ob ich zugenommen hätte. Ich negierte. Alles Kraft, Herr Meyer, pure Kraft.
Eine größere Gruppe setzte dem Tschechen eher schlecht als recht hinterher, da es noch recht früh war, die Katze aus dem Sack zu lassen. Zusammen erklommen wir recht gemütlich den Bearstone, donnerten ihn wieder runter, bogen links ab und wichen Lars Strehle, dem Straßenfahrer, aus, der in einer Kurve zu spät bremste und geradeaus in die Böschung fuhr. Die Abfahrt ging ich schön vorsichtig an, da ich zwei Monate nicht mehr auf dem Bike saß; aber verlernt hab’ ich’s gottlob nicht. Die Beine fühlten sich auch ganz gut an, nachdem die Woche über eigentlich mal wieder gar nix ging.
Vereint bretterten wir durch die Wiesen und Wälder und gasten den Plattenweg Richtung Col de Pöhl an. Vorher gab mir der olle Meyer wieder zu verstehen, der Güdö sei eine Maschine. Der hatte mich heute irgendwie gefressen oder irgendwas zu sich genommen. Ja, ich esse ab und zu Schokolade, weil’s schmeckt, aber bin ich wirklich fett geworden? Die Waage sagt was anderes. Manche Leute bringen sich um, wenn man denen das sagt, also Vorsicht, lieber Polofahrer, sonst verrate ich Dein Kfz-Kennzeichen.
Am Horizont ca. 2 min vor uns war der Tscheche zu sehen und schon recht weit enteilt. Lars Strehle, der Straßenfahrer, drückte immer wieder aufs Tempo, Robodoc, Ernst Schwarz, Lutz „Metze“ Metzner, Danni „Die E-Lok“ Dittmann und noch weitere blieben aber zusammen; ein alleiniges Wegfahren brachte sicher nix; in der Gruppe waren wir schneller, auch wenn manchmal sehr gebummelt wurde. Die Abfahrt vom Col de Pöhl verlief unspektakulär mit 80 Sachen, bevor es Richtung Col d’Oblate (Scheibenberg) ging; es zog sich etwas hin, doch das Tempo blieb noch moderat. Glücklicherweise war der verstörte André Meyer verschwunden … Eine Schrecksekunde gab’s bergab, als ich mit dem Vorderrad verkantete und beinahe vom Bock ging. Hot Doc behind me honorierte das mit einem fetten Jauchzer. Kurz vorher rammte ich um ein Haar einen weißen Fiat, der dort dermaßen blöd abparkte, dass einem das Gruseln überkam. Die Auffahrt in den Col d’Oblate verlief aber auch nicht ohne Tücken, als doch mitten in der Ideallinie eine Oma stand wie ein gefrorener Berggeist. Das war sauknapp, und ich hörte ihre dritten Zähne klappern vor Angst.
Bergauf wurde ich von Heike Renner, der Frau des Puhdys-Frontmanns Dieter Birr, verbottelt. Der Straßenfahrer zog schon wieder am Gashahn, doch keiner hatte Bock oder Kraft, ihm hinterherzupreschen. Sein hünenhaftes Antlitz von knapp drei Metern Größe schreckt wahnsinnig ab. Ich hatte immer den Eindruck, als führe er eine Etage über mir – wie im Doppelstockzug. Aber da oben ist die Luft stickiger. Den Tschechen übrigens fingen wir auf der anschließenden Abfahrt wieder ein. Jetzt wurden die Karten neu gemischt, zumal nun der nicht leichte Anstieg zum Overbowl (Oberbecken) auf dem Sollplan stand. Lars und Robodoc fuhren zügig in den Anstieg hinein, wobei wir Lars gewähren ließen, weil sich alle scheinbar auf Robodoc eingeschossen hatten. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Ich selbst blieb erstmal ruhig, fuhr neben Dr. O den Hügel hinauf, und hinter uns weitere Fahrer. Auf dem Flachstück hatte Lars schon einen beachtlichen Vorsprung herausgefahren, so dass wir ihn gar nicht mehr sahen. Es waren inzwischen um die 60 s laut Streckenposten. Ich war ganz schön bedient, blieb aber noch ruhig, so wie ich es in der Burni-Therapie gelernt hatte. Zügig umrundeten wir das Overbowl; ich krallte mir die letzten beiden Flaschen von Dieter Birr himself und ging in die Abfahrt zum Ephraimhaus. Vornweg Ernst Schwarz und die Metze.
Vom Markersbach-Rennen noch bestens bekannt, folgte nun der lange, bekloppte Schotter-Anstieg zum Altpöhlaer Flügel. Lars, der Straßenfahrer, war weit weg, und zwar 1:30 min. Robodoc hielt das Tempo unten, um den Lars vom Mars zum Sieg zu verhelfen. Hätte ich aber auch so gemacht. Da auf den letzten Kilometern vorher kaum jemand in die Führung wollte, ich aber nichts zu verschenken hatte, gab ich im letzten Drittel des Anstiegs Zwischengas, riss gleich ein Loch, fuhr zügig weiter, gab Robodoc ein Zeichen, doch wieder heranzufahren. Als er dran war, drückte ich noch mal drauf, um die Gruppe gänzlich zu sprengen und den Verfolgern den Zahn zu ziehen, was gelang. Der starke Dr. O kam auf dem Flachstück kurz vor dem Asphaltanstieg wieder ran und fuhr mit mir den Hügel hoch. Zu zweit geht’s auf den langen Flachstücken einfach besser, also war ich nicht mal böse drüber. Doch taktisch gesehen lief’s eher blöd für mich. Vorne der Lars, hinter mir der Robodoc, der einfach nur Windschatten fahren musste, um die Lücke zu Lars nicht selbst schließen zu müssen. Gleichzeitig würde ich ihn aber an Lars heranfahren, so dass er wieder Ambitionen hätte, zum 5. Mal die Tour zu gewinnen. Oben angekommen, war der Lars kaum zu sehen; wir folgten gut eine Minute dahinter.
Auf der langen Schneise des Altpöhlaer Flügels musste ich in Führung gehen, um evtl. doch noch eine kleine Chance zu haben, den Straßenfahrer einzuholen. Aber ehrlich gesagt, glaubte ich nicht wirklich dran. Weil’s so schön war mit Robodoc, fuhr er mir zur Abwechslung voll ins Hinterrad. Ich gab ihm vorher ein Zeichen, auch mal Führung zu leisten. In dem Moment, als er meiner Bitte Folge leisten wollte, wechselte ich die Spur, so dass sich Dr. O an meinem Hinterrad aufhing. Ich hörte es hinter mir nur schleifen, krachen, quietschen. Ich schaute mich um, doch Dr. O saß noch auf dem Bock, schaute sich die Schäden an, die es aber wohl glücklicherweise nicht gab. Ich wartete, so dass er wieder heranfahren konnte. Weiter hinten nutzte das Ernst Schwarz, der kurz vorm Abzweig in den letzten Downhill an der letzen Verpflegung auf einmal wieder dran war. Mir scheint allerdings, dass da ein Motorrad keine unwesentliche Rolle gespielt hat ... Man darf mich aber gern berichtigen.
Unten im Grund angekommen, fuhr unser Robodoc zügig in den Berg, so dass Ernst Schwarz reißen lassen musste. Wir beide blieben fortan zusammen wie ein altes Ehepaar und würdigten die Leistung von Lars, der immer noch außer Sichtweite lag, und beschlossen, nicht mehr zu attackieren, da Ernst hinter uns weg war und wir aufgrund unseres fortgeschrittenen Alters unseren Organismus lieber schonen wollten. Auf der ansteigenden Rollskistrecke allerdings kam der Straßenfahrer wieder ins Blickfeld. Ging da womöglich noch was? Nein, nicht wirklich. Der Vorsprung betrug noch knapp eine Minute; Dr. O und ich fuhren nebeneinander da hoch. Richtung Sachsenbaude allerdings machte ich mir schon Gedanken, ob der Lars da nicht den Anker geworfen hatte, denn wir kamen schnell näher. Ich spannte mich vor Sebastian und fuhr zügig mit großem Blatt ins letzte Flachstück vor dem Steilanstieg der Wellenschaukel. Lars war aber noch zu weit weg. Doch als ich bergauf merkte, dass Robodoc etwas reißen lassen musste, war mein Siegeswille wieder geweckt. Hinter mir hörte ich es auf einmal in Richtung Lars brüllen, er solle doch Gas geben. Ich glaube sogar, Schimpfwörter flogen die Wellenschaukel hinauf. Sebastian schrie sich die Seele aus dem Leib, dass Lars doch endlich Gas geben solle, weil Burni von hinten kommt. Ca. 100 m vorm Ziel war ich so gut wie dran, als Lars vor mir auf einmal abstieg, ich aber keine Ahnung hatte, wieso. Ich schaute ihn bedröppelt an, fuhr vorbei und knapp 100 m später über die Ziellinie. Lars sagte mir, er sei die falsche Linie gefahren, die in einer Rinne endete. Er kam 4 s hinter mir ins Ziel, Dr. O neben ihm. War sauknapp, und ich hätte rückblickend betrachtet vorher am Anstieg nach dem Ephraimhaus nicht eine Sekunde später attackieren dürfen. Na ja, bin aber trotzdem mächtig überrascht, dass es so lief. Ich habe mich auch bei Dr. O und Lars und noch ein paar weiteren Menschen entschuldigt, hier aus Versehen der Erste gewesen zu sein. Scheinbar lag's an der langen "Erholungsphase". Nach neun Wochen Zwangspause mal wieder ein kleines Highlight. Tut dem Kopf gut, so was. Und nicht böse sein, Jungs, ich fahre doch auch für den RSV Erzgebirge.
Mir jedenfalls hat’s mächtig viel Spaß gemacht, meine Mitstreiter waren alle gut drauf, und die Verbottlung vom Team Stein-Bikes war das i-Tüpfelchen. Auf der Siegerehrung wurde ich zur Bergkönigin gekrönt, als man mir glatt das falsche Trikot überreichte. Die siegreiche Dame an meiner Seite, Laura Hoffmüller, die fast meine Tochter sein könnte, war zwangsläufig der Bergkönig. Ich griff mir sofort an die Milchdrüsen, puh, alles noch flach. Schwein gehabt. Wurde aber alles von einer aufmerksamen Dame bemerkt. Und ich heiße Guido, lieber Moderator. Das wird wie Gido gesprochen, nicht Güdeo, nicht Guidö, nicht Gudo, nicht Gaudi usw. Kurz vor der Heimfahrt kam dann schon wieder dieser Polofahrer und schimpfte rum, mir solle man keine Flaschen mehr geben. Sein Kennzeichen lautet: C- …
Noch zwei Rennen, dann geht’s zur Reha in den flachen Norden … In diesem Sinne Respekt und Robustheit! Der Burni.



Das Copyright der Pics liegt beim Erzgebirgsblog und Onkel Hans. Danke!