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Dienstag, 15. September 2015

15. Greifenstein-Bike-Marathon in Geyer am 13.09.15

Der rennkarge August ist vorbei, mit ihm zwei Wochen richtiger, radfreier Urlaub mit Strand und Sonne und Boot und Tauchen und so. Eine völlig neue Erfahrung. Deswegen fiel auch der Bericht zur Vier-Hübel-Tour ins Wasser. Keine Zeit, man möge mir verzeihen. Und wenn man in den letzten vier Wochen nur fünfzehn Stunden auf dem Rad gesessen hat, meldet man mal lieber nicht für die 90 km und schon gar nicht für die DM in Furtwangen. D. h. im Klartext: GBM-Mittelstrecke only.

Es ist fünf nach zehn. Sandra Kaiser, die an der Hüfte lädierte Nichtversicherungsmaklerin, entscheidet sich trotz ihres Handicaps immerhin für die 60 km, betreibt aber noch in aller Ruhe Konversation mit anderen Damen. Möglicherweise geht es um die Einsatzmöglichkeiten elektrischer Fliegenklatschen. Ich erinnere sie, dass das Rennen halb elf startet, sie aber noch unausgewü..., unausgepfü..., nicht umgekleidet und nicht warmgefahren ist. Aber sie schafft es pünktlich in die Startaufstellung. Respekt! Dort stehen auch Straßenfahrer Lars Strehle, Patrick „Patte“ Oettel formerly known as Müller, Torsten „Mütze“ Mützlitz und weitere schnelle Leute. Der Start erfolgt unterm vom Winde beinahe verwehten Torbogen.

Die gemütliche Ortsdurchfahrt durch Geyer findet am ersten Anstieg ihr für meine Beine schmerzhaftes Ende – aua. Ich fange mir – wie immer zu Beginn eines Rennens – einige Meter Rückstand zur Spitze ein. Patte, Lars, Mütze und drei weitere Fahrer ziehen ordentlich am Horn. Nach den holprigen Downhills steht Patte mit Pattfuß, äh, Plattfuß am Rand, ich bin so frei zu fragen, was los sei. Patte meint: „Platten, haste mal ´ne Pumpe für mich?“ Ja, habe ich, bin doch lieb. Mit roher Gewalt entreiße ich sie nach paar Sekunden meinem Rahmen und reiche sie dem Mann, der früher Müller hieß. Ohne Pumpe fahre ich weiter. Na, ob das gut geht? Mein hiesiger Begleiter nutzt das, um wieder etwas von mir wegzukommen. Nach knapp einem Kilometer hole ich ihn wieder ein. Zu zweit pflügen wir die schönen neuen Trails – ein echter Zugewinn – entlang hinab Richtung Schanze, wo man zwischen Chickenway und der heftigen Variante wählen kann. Da ich ja seit Seiffen kein Chicken mehr bin, wähle ich die harte. Und die ist im Vergleich zu Seiffen völlig harmlos. Hier gibt mir der Polofahrer, Altmeister und Streckenposten André Meyer meine Pumpe zurück, die Patte ihm vorher in die Hand drückte. Fein so! Am Steilanstieg geht mein Mitfahrer nach hinten verloren, während ich etwas später bergauf das Loch zu Mütze schließe. Mit ihm im Schlepptau fahre ich noch das Loch zur Spitzengruppe um Lars und zwei bis dato unbekannten Fahrern zu und kann mich erst mal bissl erholen, als es über die Straße Richtung Waldautobahnen geht. Eine verwegene, ältere Pilzsucherin, am linken Fahrbahnrand stehend, glänzt dabei mit üppiger Oberweite, die bedenklich auf Kollisionskurs mit mir geht – die Oberweite, versteht sich. Ich komme sehr knapp, aber sicher an ihrer rechten Milchdrüse vorbei, Mütze tut es mir gleich und amüsiert sich köstlich. Auf den Waldautobahnen dann passiert nicht viel, alle arbeiten solide. Nur meine Reifendruckwahl ist etwas zu hoch kalkuliert. Der Rücken dankt es mir in den Wurzelpassagen.

Zur Rundendurchfahrt feuert uns der starke Patte (DNF) an. Anne „Strehle“ verbottelt ihren Lars und mich. Die Asphaltrampe wird zügig emporgeleiert, anschließend wieder ins Tal gedonnert, um die nächste kurze Rampe in Angriff zu nehmen. Ich fahre jetzt von vorn mein Tempo, bin dann aber überrascht, als wir nur noch zu dritt sind: Mütze, 3-Meter-Mann Lars und Güldi. Da Mützes Stärken die Drückergeraden nicht sonderlich sind, übernehmen Lars und ich häufig die Führung. Lars vom Mars kurbelt durchaus zügig die Gripstones hinauf, zu dritt – und ich immer noch mit zu viel Luft und suboptimaler Fahrweise – die Trails zur Schanze wieder hinab. Das mit der zu vielen Luft soll sich alsbald ändern. Zum zweiten Mal grüßen wir Schluchtenjodler Onkel Hans Renner und Polofahrer André. Ab Steilanstieg Schanze fahre ich alles von vorn, Anne verbottelt Lars und mich, und immer noch von vorn geht’s am Ana Mare vorbei in die Schlammtrails. Kurz nachdem wir auf dem Schotterweg angekommen sind, macht’s dann hinten zisch bei mir, der Reifen ist schlagartig platt. Lars und Mütze passieren mich, und ich wünsche ihnen allseits gute Fahrt. Bis ich den Schlauch vom Klebeband (Panzertape) gelöst habe, vergeht eine Weile, das muss ich ihn Zukunft anders lösen. Trotzdem kommen unsere direkten Verfolger erst mit recht großem Abstand daher. Dennoch fragt jeder, ob er mir helfen kann. Nö, mir ist nicht mehr zu helfen. Irgendwann habe ich den Schlauch drin und notdürftig aufgepumpt, sodass die Fahrt weitergehen kann. Ich befinde mich inzwischen auf Platz 10. Woher ich das weiß? Ein Auge schaut auf die Strecke, das andere auf den Schlauch. In meinem ersten Leben war ich Chamäleon. Die Plätze 7, 8 und 9 kann ich nach knapp einem Kilometer fair überholen, Platz 6 hole ich mir in den Drückerpassagen im zweiten Rundenteil, wo dieses Mal keine Milchdrüsen den Weg einengen. Unterwegs grüße ich unsere Laura Hoffmüller in Begleitung ihrer Schwester, bis mir just Platz 5 auf der Rollskistrecke in direkte Sichtweite kommt und es ins steile Bergabstück geht. Noch fix vorbeigehuscht am Einradfahrer, wähle ich die übliche Linie, doch auf einmal schlägt’s hinten durch. Schlagartig ist die Luft raus, und auf der Felge geht’s etwas unrhythmisch da hinab. Der Sanitäter im Tal hat zwar alles dabei für Herztransplantationen und Wiederbelebungsmaßnahmen usw., doch leider keinen Schlauch. Geht’s halt zu Fuß den Berg hoch. Blöd ist, dass sich um mich herum nur Einradfahrer oder 26er Bikes befinden, die i. d. R. keinen 29er Schlauch dabei haben. Gut, fahre ich die letzten rund 5 km eben schön sachte auf der Felge weiter. Okay, Chuck Norris hätte, selbst auf der Felge fahrend, das Rennen noch locker gewonnen, aber ich bin nicht Chuck Norris. Dennoch überhole ich in der Wurzelpassage und auf der Felge noch einen Fahrer, obwohl er keinen Platten hat. Wie geht denn das? Ich bin der Schwager von Chuck Norris. Der Einradfahrer von eben, der mich bergauf wieder überholt hat, bemerkt, dass ich einen Platten am Hinterrad habe. Nein? Die schnellen Schotterstücke freilich muss ich sehr langsam machen, um die Felge nicht zu schrotten. Mir reichen schon die nun vergeigten 35 EUR Startgebühr, da soll nicht auch noch die Felge zu Bruch gehen. Hier werde ich von weiteren Fahren kassiert. Etwas später stehe ich vor der Entscheidung, die auf dem Weg gekennzeichnete Rampe im gewagten Sprung zu nehmen oder den normalen Weg. Würde mein Rücken nicht so schmerzen, hätte ich natürlich die Rampe genommen. Zum Ziel ist es nun nicht mehr weit, einmal bricht mir das Hinterrad noch gefährlich aus, und wenig später finishe ich unter ferner liefen. Lars siegt souverän, Mütze bricht am Ende etwas ein und wird Vierter. Schade, vielleicht hätten ja meine Beinchen gereicht, um Lars hintenheraus ein wenig zu ärgern.

Durchs Ziel rollen, keine Finisher-Medaille abgreifen, kein Essen, Rad putzen, Guido putzen, Rad ins Auto, Guido ins Auto, und tschüss. So schnell war ich nach einem Rennen noch nie zu Hause. Daheim noch fix die Wut aus den Beinen rausfahren auf dem Rennrad, und weil’s so schön ist, heute zum dritten Mal auch die Luft rausfahren aus dem (Vorder-)Reifen und zum ersten Mal für heute eine Speiche rausfahren aus dem Hinterrad. Zu viele Kraftreserven. Perfekter Tag. Nun denn, vielleicht läuft es in Eierstock besser, dann vielleicht schon als Großvater. Denn Katze Coco sieht inzwischen aus wie ein Medizinball mit Pfoten und Schwanz. Sie hat übrigens nachweislich neun (!) Milchdrüsen, nicht nur acht. Hammer!

Chuck Norris sein Schwager
(c) by Mario Zinn

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