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Donnerstag, 30. August 2018

22. Vier-Hübel-Tour in O'thal am 26.08.18

Güldis Nachbar macht schon wieder Remmidemmi. Die ganze Nacht bis 6.30 Uhr. Um 6.45 Uhr bimmelt mein Wecker. Viel Schlaf war das leider nicht wirklich. Müde rolle ich nach O'thal zur 22. Vier-Schanzen-Tournee. Ohne den Ziehsohn. Er ist verschollen, erlangt vermutlich nach seiner Hochschul- nun auch die Geschlechtsreife und lernt mit seinen 18 Jahren das weibliche Individuum intensiver kennen auf der einen oder anderen feuchtfröhlichen Party – zumindest wenn man seinem Profilbild bei einer bekannten sozialen Plattform Glauben schenken darf. Man(n) muss eben Prioritäten setzen. Auch Drei-Meter-Riese Lars ist heute nicht dabei. Bei ihm liegt es weniger am weiblichen Geschlecht, weil man ja in seinem Alter kaum noch Testosteron im Körper hat, sondern vielmehr an körperlichem Unbefinden, über das man keine Witze reißt.

Damit ich meine Flaschen losbekomme, bin ich überpünktlich vor Ort. Rico Lasseck macht's durch seine multiplen sozialen Verbindungen möglich. Er organisiert quasi die Verbottlung des halben Starterfeldes. Der gestörte Astranaut A. Meyer weist mich in die Startaufstellung ein, ich darf zu meiner Freude ganz vorne ran. Spart Körner. Herr Lasseck zupft mir noch fix meinen Trikotkragen zurecht, denn wenn man schon nicht viel drauf hat, sollte man wenigstens gut aussehen. Ein Schatz, der Rico.
Wer kommt heute für den Tourneesieg infrage? Natürlich die üblichen Verdächtigen um die Fahrer Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael, M. Langhans, D. Seidel, A. Albrecht, J. Hummel und der Hüne T. Aurich aus Amtsberg. Top-Favorit ist aber mal wieder Jens Weißflog. Er hat die Tournee schon viermal gewonnen und steht auch im Startgelände herum.
Punkt 10 Uhr fällt der Startschuss bei angenehmen 10 Grad. Zunächst ohne Jonas Hummel. Steckachsenbruch und Havariebehebung neben der Strecke. Er muss das Feld von hinten aufrollen, falls er überhaupt losgekommen ist. Ich persönlich genieße meine ersten Führungsmeter in 2018. Ein schönes Gefühl, nur leider viel zu kurz.

Das vordere Feld rollt geschlossen dem Bearstone entgegen. David Seidel macht bergauf ernst und huft spürbar an. Folgen können nur die Fahrer Maximilian Langhans, Anton Albrecht und Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael. Ich folge einige Meter dahinter, den Hünen Thomas Aurich im Schlepptau. Der Hüne drückt sich freilich bergauf noch an mir vorbei, aber später im Flachstück nach der Bearstoneabfahrt sauge ich mich an denselben wieder heran. Zu zweit nehmen wir die Verfolgung der vier Leute auf. Was und wen ich in meinem Radfahrerleben schon alles verfolgt habe, geht auf keine Kuhhaut. Uns gelingt es bis zum Col de Pöhl, wo mich ABV Glocke perfekt verbottelt, leider nicht, zwingend an die Ausreißer heranzufahren, obwohl wir uns gut abwechseln. Boden verlieren wir aber auch keinen. Auf dem welligen Weg zum Col de la Scheibe kopple ich den Hünen eher unfreiwillig ab und mache Druck nach vorn. Ich komme den Jungspunden tatsächlich näher. Nur noch eine Minute Rückstand. Doof ist, dass ich das viele Kilometer alleine versuche bei zum Teil ordentlichem Gegenwind. Alter schützt vor Torheit nicht.

Am Fuße des Col de la Scheibe werde ich verbottelt, ja, von wem eigentlich? Die Familie nennt sich Benedix, und sie hat einen Sohn namens Silas. Der Sohn ist wie ich mit Glied – Mitglied im RSV Erzgebirge. Rico Lasseck, unser Verbottlungsorganisator, kennt sie alle, so auch den Silas, und spricht ihn an. Silas kennt seine eigenen Eltern. Seine eigenen Eltern sind lieb, kennen mich aber höchstens vom Hörensagen. Silas' Eltern haben außerdem einen Hund. Durch die mehr oder weniger vorhandene Bekanntschaftsteilmengenbeziehung zwischen den Protagonisten ist Familie Benedix geradezu prädestiniert fürs Verbotteln, und der Hund erleichtert mir den visuellen Kontakt des männlichen Benedix'schen Verbottlers im Aufstieg zum Col de la Scheibe. Ich greife die Flasche. Danke! Kurz vor der Kuppe kommen mir die vier Spitzenreiter entgegen. Gut eine Minute Rückstand. Mensch, das muss doch zuzudrücken gehen. Geht es nicht, im Gegenteil. Mein Vorsprung auf meine direkten Verfolger, wo auch meine beiden Teamkollegen Sven Püschel und Mike Baumann vertreten sind, ist auch nicht besonders groß, und die sind zu sechst oder siebt. Auf dem Weg zum Unterbecken Markersbach nehme ich Gas raus und lasse mich einholen. Zuerst rollt Sven P. heran, später im Anstieg zum Oberbecken noch Mike B. und Roy Black oder Bruns. Bergab zum Ephraimhaus ist das mit meiner Bereifung so 'ne Sache auf losem Split, doch mich mault es zum Glück nicht. Die Schulter und der Rücken sind nämlich immer noch mehr oder weniger kaputt. Mike B. seinerseits nimmt den Downhill ohne nennenswerte Bremswirkung in Angriff. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Im Tal erhalte ich meine dritte und letzte Flasche von Udo Stein persönlich. Auch hier ganz lieben Dank!

Unser Quartett zieht in gutem Tempo den Friedrichsbachweg hinauf, wo ich nun doch Probleme bekomme im letzten Drittel und die Kollegen leider ziehen lassen muss. Da habe ich mich wahrscheinlich etwas zu sehr aufgerieben bei der Verfolgung der vier Leute da ganz vorne. Vor zwanzig Jahren ging das alles irgendwie leichter von der Hand bzw. vom Fuß. Dass ausgerechnet jetzt die langen Geraden kommen und ich keine Gruppe habe, ist außerordentlich bekloppt. Mein rechter, rechter Platz ist leer, ich wünsche mir den Hünen her. Doch der fährt ein paar Minuten hinter mir. Cheise. So gut es eben geht, versuche ich, mein Tempo einigermaßen aufrechtzuerhalten. Schwindelig wird's mir auch, was entweder auf zu hohen Alkoholkonsum während der Tour oder einen Hungerast schließen lässt. Schnell ein Zünderli zutschen, damit ich nicht vom Hobel falle. Im Anstieg zur Ziege hat jemand scheinbar einen noch größeren Hänger als ich. Anton Albrecht. Kurz nach der Ziege stelle ich ihn kampflos, obwohl immer noch nicht viel geht bei mir. Also noch ein Zünderli einschmeißen, um die Wellenschaukel, den finalen Anstieg, fahrend hochzukommen. Das gelingt, nur der Rückstand hat sich leider drastisch vergrößert auf den letzten Kilometern. Im Ziel bin ich ziemlich grau, darf mich über Platz 7 und eine eher mäßige Zeit ärgern und mit meinen beiden Teamkollegen Mike (P4) und Sven (P6) runter ins Tal düsen zum Catering und zum Duschen. Mike beweist mit P4 eindrucksvoll, dass Bremsen in der Tat überbewertet wird.

Mein Bike stattdessen hält das dritte Mal in Folge ohne Schaden durch. Muss an der neuen Marke liegen. Das gab es, glaube ich, das letzte Mal in den späten Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts, wo Mike B. auf die Welt kam, quasi als zweiter Ziehsohn nach Ch. Schröder. Wenn wir schon dabei sind: Wenn ich mir die Geburtsdaten der vor oder direkt hinter mir liegenden Heizer so anschaue, werde ich depressiv – und neidisch. Die müssen bei der Online-Anmeldung bei Weitem nicht so lange nach dem Geburtsjahr scrollen wie ich. Gemein. Sollte sich meine depressive Episode legen, stehe ich auch in den nächsten Wochen am Start des einen oder anderen Rennens. Bis dahin Kopf hoch!

Ergebnisse: hier.

Vorm Start
(c) by R. Lasseck

Anfahrt Bärenstein mit dem Hünen im Schlepptau
(c) by ABV Glocke

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