Nach fünf Tagen im Krankenhaus und zwei Wochen Krankschreibung darf ich seit heute (20.10.) wieder offiziell arbeiten, natürlich im selben Krankenhaus. Die letzten beiden schönen Tage am Wochenende nutzte ich zum "Einrollen". Das Ergebnis: ein Speichenbruch, ein Reifenplatzer, eine Wadenzerrung und Nackenschmerzen wegen der (nötigen) Fehlhaltung. Und beim Abgrillen im Garten habe ich noch eine Stuhllehne abgerissen. Ich bin eindeutig zu fett. Der linke Arm schmerzt bei jeder Erschütterung, die Narbe sieht aus wie bei Mary Shelley's Frankenstein, und ein paar andere Blessuren an Huf und Schulter muss ich auch noch auskurieren. Wann es wieder aufs MTB geht, weiß ich noch nicht, zumal mein Lenker ja gebrochen ist und ich auf den neuen warte.
Vielen Dank an dieser Stelle für die vielen Genesungswünsche und bis demnächst.
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Montag, 20. Oktober 2014
Mittwoch, 8. Oktober 2014
13. Adelsberger-Bike-Marathon am 03.10.14
Der Freitagmorgen ist
sonnig. Feiertagswetter. Freude. Ein neuer, etwas breiterer Lenker ist frisch
montiert, und wegen des trockenen Wetters in den letzten Tagen ziehe ich hinten
den Schwalbe Thunder Burt und vorne den Rocket Ron auf die Felge. Was soll da
noch schiefgehen beim 13. ABM? Nichts, na ja, fast nichts.
Ich bin außerordentlich pünktlich vor Ort und besorge meine
Startunterlagen. Die Verbottlung übernehmen meine waschechten Eltern, die schon
unterwegs sind zur üblichen Aßmann’schen Verbottlungsstelle. Ein Hindernis gibt
es noch zu umschiffen: den Dixi-Steve Scheffel. Er steht auf dem Gang zur Latrine
und macht verdächtige Bewegungen. Zieht er sich an oder aus? Schnell ein Stoßgebet,
dass er fertig ist, mit dem, was er vorhat. Er ist fertig. Zentnerweise Last
fällt von mir. Dennoch gerate ich etwas in Zeitnot. Paar Minuten später geht’s mit
Andreas Hennig von Rapiro zum Start. Wir scheinen bissl zu spät dran zu sein,
da uns das Feld bereits entgegenkommt. Bei mir ist es erst 9.59 Uhr, verflixt.
180°-Kehrtwende, und ab geht die Post. Vorteil: Wir sind ohne zu drängeln ganz
vorne dran am Feld.
Nach Freigabe des Rennens zieht Fahrer Benjamin bzw. Michael bzw.
Benjamin Michael am Horn, was die Meute entzerrt. Oben auf der Höhe sind wir
ca. acht Mann. Das Bergabstück nach Kleinolbersdorf runter nutzen einige Fahrer
zum Aufschließen. Die „Halfpipe“ nach dem Verlassen der LPG-Straße nehme ich
hinter Dixi-Steve und Felix Fritzsch unter die Räder. Wir reißen ein kleines
Loch, was jedoch wieder zugefahren wird. Am Steilanstieg im Forest bleiben wir
zusammen, oben verbottelt mich die leibliche Modder, bevor es wieder hinab in
den Grund geht. Am kurzen, verwurzelten Gegenanstieg verklemmt es mir die
Kette, sodass Felix und Steve enteilen und der Rest der Gruppe an mir vorbeihobelt.
Zum ersten Mal kommt Wut in mir auf, und der Rhythmus ist sogleich flöten
gegangen. Der lange, flache Schotteranstieg zum Adelsbergturm ist so gar
nix für mich Erdnuckel, und mir gelingt es nicht, das Loch zu den sechsen da vorne
zuzudrücken. Schande über mich. Erst viel später, als ich die Abfahrt von der
Pferdekoppel hinab ins Tal hinter mich gebracht habe, kann ich zuerst Enrico
Knobloch und Sebastian „Küfi“ Küfner einholen und noch etwas später zu Beginn der
zweiten Runde im Anstieg zum Schösserholz Felix, Matze Reinfried und Benjamin
bzw. Michael bzw. Benjamin Michael. Dixi-Steve hat sich inzwischen
verabschiedet, nicht aufs Klo, sondern ins Ziel. Er ist die Staffel angefahren.
Mein Motor läuft jetzt ganz brauchbar, der einiger Feldmaschinen
ganz offensichtlich auch. Denn in einer scharfen Linkskurve steht auf einmal
ein überbreiter Mähdrescher vor uns, an dem wir nur mit Mühe im
Schneckentempo vorbeikommen. Wut kommt in mir auf. Als wir alle wohlbehalten
vorbei sind, geht's wieder in den Rennmodus und hinter Felix die Halfpipe hinab.
Matze, Felix und ich können ein paar Meter rausfahren auf die anderen drei
Leute, und Matze dreht gut am Gas den folgenden Höhenweg entlang. Just hier
verklemmt sich mal wieder meine Kette zwischen kleinstem Ritzel und dem
Schaltwerk, sodass ich nicht mehr treten kann. Wut kommt in mir auf. Felix und
Matze enteilen mir, die anderen drei Fahrer, Küfi, Benni, Knobi überholen mich.
Rabiat löse ich während des Fahrens die Kette und kann mit den drei verbliebenen
Leuten in Richtung Steilanstieg knattern. Dort steht Matze mit schwammigem Reifen und Kartusche,
während vorne Felix Stoff gibt. Ich bin zum Zuschauen verdammt, weil ich zu alt
für den Scheiß bin. Felix ist weg, die anderen drei dahinter, ich mit Rückstand
noch etwas weiter weg. Oben vermoddelt mich wieder meine Botter, der leibliche
Vadder – der Typ mit Kamera und Bart – schießt derweil Fotos seines
Sprösslings. Bergab lasse ich es rollen, komme aber nur sporadisch Küfi und Co.
näher. Dass das Bergaufstück zum Col de Adels mir nicht liegt, erwähnte ich
bereits, und dass sich der Rückstand dadurch nicht verkleinert, ist die
logische Konsequenz. Erst die Koppelabfahrt hinab und das folgende holprige
Flachstück übers Feld katapultieren mich an Knobi und Küfi heran und vorbei.
Zu dritt geht's durch die Rundendurchfahrt in die letzte der drei
Schleifen und das Schösserholz hinauf, die Plattenabfahrt hinab, den
Gegenanstieg wieder empor. Meine Freude ist groß, als dieses Mal keine
Mähdrescher vor uns auftauchen. Ohne Zwischenfälle düsen wir die Halfpipe und
den Höhenweg entlang und wieder hinab ins Tal. Dort wartet der Steilanstieg zum
dritten Mal auf uns. Bereits auf dem flachen Voranstieg geht Knobi verloren,
sodass Küfi und ich ein Duo bilden. Meine Reifen haben durch den aufgeweichten
Boden jetzt merkliche Traktionsprobleme, und ich muss recht kleine Gänge
fahren, um hinten Grip zu haben. Die Beinchen dagegen fühlen sich noch ganz gut
an. Oben angekommen, befinde ich mich auf einmal wieder am Hinterrad von
Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael. Er hatte vorher mit Kämpfen zu krämpfen
bzw. mit Krämpfen zu kämpfen. Wir überholen ihn und bringen ein paar Meter
zwischen uns und Benni. „De Modder“ verbottelt mich mit Cola und beendet damit
ihr Tagwerk. Die Abfahrt und den wurzeligen Gegenanstieg fahre ich von vorne,
am geliebten Schotteranstieg übernimmt Küfi das Zepter und enteilt mir etwas.
Benni fährt wieder zu mir auf. Zu zweit verfolgen wir nun Küfi und erwischen den
Schelm auf dem freien Feldstück unterhalb des Col de Adels. Es befinden sich
mittlerweile Unmengen an Bikern auf der Strecke, was das Überholen nicht
einfach macht. In einem Wurzelstück wird mir das an Position drei fahrend zum
Verhängnis. Ich muss Fahrer Marcel Hofmann überholen und in einer Linkskurve
von der Ideallinie runter. Doch da ist es so glitschig, dass es mir schlagartig
das Vorderrad wegzieht und ich unsanft zu Boden gehe und paar Meter rutsche
über den linken Ellenbogen. Ich rappele mich wieder auf, checke Bike und Güldi
und setze den beiden Begleitern hinterher. Die Koppelabfahrt hinab gehe ich
recht hohes Risiko, um Meter zu machen, und wie schon in Runde zwei schnappe
ich Küfi auf der holprigen Flachpassage. Benni fährt etwas weiter vorne. Den
letzten steilen Anstieg zum Ziel hinauf komme ich wieder in Bennis Nähe, doch
mein Vortrieb endet abrupt, als ein zu überholender Fahrer nach links in mein
Vorderrad zieht und ich erneut zu Boden gehe, und zwar, weil‘s so schön ist,
wieder auf den linken Ellenbogen. Wut macht sich breit, ich fluche herum.
Obendrein hat sich beim Sturz meine Kette ums Tretlager gewickelt, die ich
nicht gelöst bekomme auf die Schnelle. Also geht's im Laufschritt den Berg
hoch. Küfi, der bei meinem Abflug rund 20 m hinter mir liegt, ist natürlich
schon längst wieder an mir vorbeigefahren. Doch anstelle draufzulatschen,
wartet er oben auf mich. Eine absolut faire Geste. So was gibt es nicht allzu
oft. Im Nachhinein meint Küfi, dass er sich unter diesen Umständen nicht über
Platz 3 freuen könne. Gänsehaut. Wir tragen den Kampf ums Podium also sportlich
aus. Auf den letzten 500 m habe ich noch etwas mehr Körner als er und komme
als Dritter ins Ziel. Küfi wird zwar Vierter, ist aber heute mein persönlicher
Sieger. Benni erreiche ich nun leider nicht mehr, was ohne die Stürze und den
Kettenklemmer durchaus möglich gewesen wäre, aber Platz 3 bei den jungen Kerlen
ist auch nicht schlecht. Felix Fritzsch gewinnt souverän und zerbröselt vor
Freude gleich mal seine gewonnene Weinflasche. Ich gewinne ein bisschen
Preisgeld und ein Handtuch. Letzteres könnte ich im Prinzip gleich zum
Verbinden meines Ellenbogens verwenden ...
Das Rennen ist nun zwar vorbei, doch die wahre Odyssee beginnt
erst jetzt. Mein nagelneuer Lenker ist gebrochen und war ja zum Glück überhaupt
nicht teuer. Wut kommt in mir auf. Der malträtierte Ellenbogen blutet
inzwischen wie sau. Am Krankenwagen, wo man(n) mich mit „Gideo“ ganz und gar
falsch ins Behandlungsformular schreibt, wird die Wunde gereinigt und
verbunden, mit dem Hinweis, doch bitte sobald wie möglich einen Chirurgen
aufzusuchen. Gesagt, getan, nach der Siegerehrung und dem Duschen daheim düse
ich in die Notaufnahme meiner Arbeitsstelle, in der Gewissheit, selbige nach
ein, zwei Stunden wieder verlassen zu können. In der Rettungsstelle bin ich
Stammgast, und der Notarzt erkennt mich sogleich. Nun volles Programm: zwei
Tetanusspritzen links und rechts, Blutdruck messen, Wunde reinigen und verbinden,
Röntgen von Thorax und Ellenbogen, Urin- bzw. Dopingprobe. Anschließend geht's
wider Erwarten nicht nach Hause zur Mieze, sondern in einen versteckten Mini-OP.
Dort verbringe ich eine Weile, bis der Chirurg auftaucht. Güldis Blase ist
inzwischen mächtig voll, als sich der Arzt steril macht, mich mit Tüchern abdeckt,
die offene Wunde mit einer Spritze betäubt und ein Skalpell zur Hand nimmt. Der
wird doch jetzt nicht … Oh doch, er wird. Mit dem Skalpell legt er meinen
Ellenbogen und den oberen Teil des Unterarms frei, um an den Knochen und den
Schleimbeutel zu kommen, letzteren zu öffnen sowie Knochensplitter und Dreck zu
entfernen. Ich merke, wie das Blut fließt bis zu meiner Hand runter. Blöderweise
reicht die Narkose nicht aus, als er beginnt, mit dem Spachtel oder was auch
immer auf dem Knochen zu schaben. Ich sage dann mal „aua“. Er wundert sich und spritzt
nach. Mir wird schlecht. Sehr schlecht. Ich bleibe mit Mühe und Not bei
Bewusstsein, aber auch nur dank des von den Schwestern ruckzuck angelegten
Tropfes. Mir geht's wieder gut. Trotzdem bin ich durchgeschwitzt. Die Blase ist
randvoll, der Magen absolut leer. Hunger. Der Arzt näht mich wieder zu und legt
eine Gipsschiene an. Doch noch ist nicht Schluss. Es geht zum Ultraschall
meines Abdomens, ob beim Sturz auch meine Blase, Nieren, Gebärmodder usw. heile
geblieben sind. Sind sie. Der Arzt weist mich darauf hin, dass meine Blase
enorm voll sei. Ach was? Anschließend geht es nicht heim, sondern auf Station.
Ich werde herzlich aufgenommen, verabschiede mich aber sofort aufs Klo. Die
Blase ist leer, der Magen immer noch. In den folgenden fünf Tagen werde ich
Zeit haben, ihn zu füllen. Coco muss die Nacht ohne mich verbringen. Meine
Eltern kommen erst am Folgetag heim. Coco überlebt es. Feine Katze. Sie
wechselt für fünf Tage den Wohnsitz. Zum Dank macht sie Remmidemmi bei meinen
Eltern, richtet das Bücherregal im Schlafzimmer nach ihrem Geschmack her und
ist obendrein pünktlich rollig. Meinen Arm kann ich "schon" nach
vier Tagen wieder zum Schreiben missbrauchen, weswegen der Blog erst jetzt
fertig ist. Es gibt in dieser Zeit lustige Vorkommnisse auf Station, die aber
nicht mehr zum Rennbericht gehören. Ich sage nur: fremde, verpeilte Oma
(SUDAJAD) mit Halskrause und blauem Auge in meinem Zimmer und Phantomschmerz ...
Grandios.
Die Saison endet im Krankenhaus zuzüglich zweiwöchiger
Krankschreibung, und ich hoffe, sie beginnt nächstes Jahr auf der Rennstrecke,
also die Saison und nicht die Krankschreibung. Und stets Vorsicht beim Überholen!
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