Am
Start-/Zielgelände pisst’s recht eklig. Kalt ist es außerdem.
Das Startgeld ist trotz einigermaßen pünktlicher Überweisung nicht auf dem
Konto der SG Adelsberg eingegangen, was mich eine gesonderte Beweisführung und
einige Minuten Zeit kostet. Das Urteil lautet Freispruch.
Das Zelt verlasse ich raschen Hufes, und wen sehe ich da seit einer halben
Ewigkeit mal wieder? Carsten „Das Schwein“ Linke mit einem geliehenen MTB. Hammer. Er fährt die Staffel, sieht
ansonsten recht fit aus.
Mein Warmfahren
fällt kurz, aber intensiv aus. So intensiv, dass ich von einheimischen
Datscheninhabern angefeuert werde, weil die denken, das Rennen hat schon
begonnen und ich mit
Abstand der Erste bin. Ich erkläre ihnen,
dass es sich nur ums obligatorische Einrollen
handelt. Und sie fragen berechtigt, warum ich mir jetzt schon so die Kante
gebe. Nun ja, ein drei Meter großer älterer Bekannter
von mir meinte neulich, ich solle mal bei meiner Startschläfrigkeit bissl ins
Laktat gehen beim Anschwitzen. Gesagt, getan. Ach ja, weniger gegessen habe ich
diesmal übrigens auch – nur ein halbes
Wildschein und fünf Klöße. Vom Rote-Bete-Saft,
den mir ein anderer Kumpel mit 12 Schrauben im Rücken empfohlen hat, um die
Startschläfrigkeit zu überlisten, sehe ich heute mal ab.
Pünktlich ´ne
Minute vorm Start reihe ich mich in die Startaufstellung ein. Da der ABM kein UCI-Rennen ist, sichert spätes Kommen
gute Plätze. Es geht zügig los, erst am Asphaltanstieg nach rund 5 km fahren
die Rennradler Robert „Watt“ Walther und Johannes „Heidi“ Heider, die MTB’ler
„60-Kilometer-Felix“ Fritzsch und Jonas Hummel weg. Hummel ist ausnahmsweise
der echte Name.
Der folgende Hohlweg
(Halfpipe) hat in den letzten Jahren deutlich gelitten und ist inzwischen so
hohl, dass es bei glitschigen Verhältnissen
vorteilhaft ist, ein wenig Vorsicht walten zu lassen,
besonders kurz vorm Rentenalter. Ich komme gut durch, und auf einmal haben
wir Heidi vor uns. Seine Welt sind nicht die Berge (bergab). Er parkt quasi als
„Nichttechniker“ ganz schön ab. Heidi hat aber den Vorteil, als sehr guter
Rennradler auf Schotter und Asphalt richtig Bums zu haben, sodass er uns wieder
davonzieht. Der Downhill ins Sternmühlental bietet keine großen technischen
Tücken, sofern man die Bremspunkte richtig erwischt, trotzdem drücke ich uns
irgendwie wieder an das Führungsquartett heran. Die Freude ist von kurzer
Dauer, denn im Hammergrund und den Steilanstieg hinauf fahren uns die vier
Leute wieder weg. Vaterunser verbottelt mich oben auf der Kuppe. Er meinte, ich
solle wegen seiner Sohn-Erkennungs-Schwäche (SES) rechtzeitig
winken, wenn ich komme. Ich habe bereits im Sternmühlental mit Winken
angefangen. Vadder erkennt mich tatsächlich und überreicht mir die Bottle.
Modder kann heute nicht.
Bergab geht’s gut
vorwärts, dass wir fast wieder an die Spitze heranfahren. Bergauf habe ich
Zeit, die Gegend zu inspizieren. Ein Blick nach rechts auf das Handgelenk von
Dr. Sebastian „Robodoc“ bzw. „Dr. O“ bzw. „Hot Doc“ Ortmann lässt mich vor Neid
erblassen, auch der Blick auf Ronald „Roland“ Kunz‘ und Torsten „Mütze“
Mützlitz‘ Handgelenk fördert meine Habgier. Die haben alle so schöne Armbänder,
warum habe ich nicht so eins? Weil ich ein Vollpfosten bin. Nach meinem 14.
Start hier sollte ich eigentlich wissen, dass man mit Transponder fährt. Doch
dieses Mal hat Güldepp versagt. Hmm, wie nun weiter? Erst mal fahren …
Jonas Hummel muss
vorne etwas reißen lassen, und Mütze fasst sich ein Herz und schließt später zu
ihm auf. Robodoc, Marco Häntschel, Staffelfahrer Roland, ein weiterer
Staffelfahrer und ich bleiben sitzen und lassen Mütze gewähren. Der ist noch
halbwegs jung und schleppt nicht ganz so viel Gewicht mit sich den Col hinauf.
Der Rest der Runde geht fix zu Ende. Vorm letzten Anstieg jedoch weise ich
Roland, der jetzt gleich fertig hat, in die Tücken meines Ersatzschlüssels fürs
Kfz ein. Denn Roland bot sich vorher an, mir meinen Transponder aus dem Auto zu
besorgen und mir in Runde drei zu überreichen. Feiner Kerl. Also fummle ich den
Notschlüssel aus meiner Trikottasche raus und borge ihn unserem Ronald aus.
Dass 30 s nach Öffnung des Autos per Notschlüssel die Alarmanlage losgeht,
verschweige ich aber vorsichtshalber mal.
Okay, Aufbruch in Runde zwei. Bis zur Halfpipe
verläuft alles unspektakulär und im kreislauffreundlichen Tempo. An dritter
Stelle geht es in den Downhill, Marco direkt vor mir, ganz vorne Hot Doc. Marcos
Fahrweise ist nicht ganz ungefährlich und sieht sehr spektakulär aus from
behind. Ich sage ihm das, und quasi im selben Augenblick haut’s mich Experten selber auf
die Fresse. Welch Wunder, es ist dieses Mal der rechte und nicht wie üblich
der linke Ellenbogen; der linke ist vorsichtshalber bandagiert. Man muss auch
mal Glück haben. Nach kurzem Rad- und Guido-Check setze ich meine Fahrt mit nur
leichten Schürfwunden fort. Die zwei Herren muss ich nun aber wieder zufahren,
was gar nicht mal so leicht werden soll. Erst im Hammergrundanstieg kann ich
Marco einfangen, unseren Robodoc bissl später am Steilanstieg. Das hat Körner
gekostet. Mein leiblicher, sehschwacher, an SES
leidender Vadder erkennt mich auch dieses Mal – freilich erst, nachdem
ich winke. Anschließend stürzen wir uns den Downhill hinab und müssen
feststellen, dass in Runde zwei quasi alle 5 m jemand zu überholen ist. Ein
Gewusel, manchmal leider nicht ganz ideal. Wir müssen des Öfteren ziemlich den Anker werfen, aber Sicherheit geht vor.
Den langen Schotteranstieg zum Col de Adels nutzt Robodoc,
um etwas wegzukommen. Ich habe mir heute fest vorgenommen, einigermaßen
gesittet in den Berg hineinzufahren, um oben
noch mit gutem Druck herauszukommen. Das
klappt ganz gut, auch wenn man sich anfangs paar Meter einfängt. Bevor
es erneut ins Gelände geht, klemme ich nicht nur am
Hinterrad von Dr. O, sondern auch an den Hecks von Jonas Hummel und Mütze. Ich bin so stolz auf mich. Wenig
später schließen im Überholverkehr auch Marco und ein frischer Staffelfahrer namens Lars Heinecke wieder auf. Bergab rollt’s
etwas gedämpft wegen der vielen Biker, bergauf leiern die Beinchen dagegen noch
brauchbar. Kurz vorm Sportplatz überreicht mir Waldmeister Sascha Heinke meinen
ach so vermissten Transponder. Sascha wurde von Roland in die Notöffnung meines
fahrbaren Untersatzes eingewiesen. Dass der Alarm nach 30 s losgeht,
verschwieg Roland dem Waldmeister mal lieber …
Runde drei. Jonas
hat am Schösserholz oben Platten. Ein Nagel ist schuld. Der kann nur von einem
Gartenzaun der Eingeborenen dort stammen. Unser Grüppchen reduziert sich auf
vier Heizer. Etwas vor uns fährt das Schwein, und
damit seine Staffel vermutlich zu Sieg. Den Plattenweg ins Tal nutze
ich, um im Freihandmodus meinen Transponder am rechten Armgelenk festzumachen.
Liebe Kinder, bitte nicht nachahmen. Dieses
Mal läuft alles glatt in der Halfpipe, sodass wir gesund und munter die
Höhenlinien den Hammergrund hinauf schneiden können. Vorher bekomme ich zum dritten
Mal für heute denselben Ast in die Schnauze,
obwohl ich mir jede Runde vornehme, genau diesen
zu verfehlen das nächste Mal. Ein "Hoch" auf mein Kurzzeitgedächtnis. Doc spannt sich am Anstieg vorne ran und macht
nicht langsam, im Gegenteil. Er muss sicher aufs Klo. Ich klemme mich ans
Hinterrad, um bloß nicht den Anschluss zu verlieren. Oben auf der Kuppe
verbottelt mich das letzte Mal mein kurzsichtiger,
SES-geplagter Vadder – nach meinem Handzeichen, versteht sich. Dr. O
ballert auch den Downhill zügig runter. Er hat
sicher noch einen dringenden Termin heute. Unten angekommen, wird
durchgezählt. Alle vier noch beieinander. Der Wadenbeißerberg, die
Feldüberfahrt, das Waldstück und schließlich der Pferdekoppel-Downhill
werden auch unfallfrei gemeistert, sodass der finale Zielcol wohl oder übel zum
Ausscheidungsfahren werden wird. Schon wieder macht Doc die Pace, wir anderen
bleiben mehr oder weniger dicht beieinander. Auf der flachen Wilhelm-Busch-Straße zieht
unser Robodoc immer noch am Horn, keiner kann oder will vorbeifahren. Ein
richtiges Straßenrennen und Windschattengelutsche. An den Garagen vorbei drückt
Dr. O weiter aufs Gas und fährt geschickt
und fair (!) Kampflinie. Keine Chance, da vorbeizukommen. Marco hat den
Anschluss scheinbar etwas verloren, Mütze
sehe ich nicht, weil recht klein und dadurch schwer ausmachbar. Die letzte
Chance bietet jetzt nur noch die kurze Gerade am Sportplatz. Mit etwas mehr
Schwung als Hot Doc rolle ich das Wiesensteilstück hinab und kann ihn noch
überspurten, weil Kurbel und Kette meine schier unbändige Kraft auszuhalten
vermögen. Es reicht somit immerhin für die Holzmedaille. Für die drei Herren da
ganz vorn brauche ich deutlich mehr Freizeit
fürs Training und so einige Lenze weniger auf der Habenseite.
Felix, der Sieger, borgt mir nach Zieleinfahrt seinen
genialen Akku-Kärcher, womit das Schlangestehen am einzigen öffentlichen Kärcher flachfällt. Gut so,
denn es ist arschkalt. Und danke, lieber Felix. Dass sich danach Leute an
Felix‘ Privatkärcher anstellen, damit hätte ich jedoch auch nicht unbedingt gerechnet. Waldmeister Sascha
unterbreitet mir etwas später, dass an meinem Auto die Alarmanlage losging und
er missmutig beim vermeintlichen Fahrzeugklau beobachtet wurde. Sorry for that!
Die Siegerehrungen gehen fix, aber mit deutlich abnehmender Zuschauerzahl über
die Bühne. Es reicht nicht fürs Preisgeld, für ein Paar Radsocken dagegen
schon. Meinen rechten Schuh hat’s im vermutlich letzten Saisonrennen auch
zerlegt. Da weiß ich ja, was ich mir zu Weihnachten wünsche.
Schaun mer mal, was
nächste Saison so wird und ob ich mich fürs dann 21. Jahr MTB-Spocht noch
begeistern kann. Das Alter, die Motivation, die Gelenke, der Hintern, die Augen, die Ohren, der Darm …
Cyclocross ist gar
nichts für mich, sodass ich mich jetzt erst mal wieder ein halbes Jahr aus der Öffentlichkeit zurückziehe, mit meinen zwei, manchmal drei Katzen schmuse
und hoffentlich gut und mit nicht allzu dicker
Wampe über den ungeliebten Winter komme.
Erst die Rechte. Dann die Linke. Beide machen winke, winke. Haltet die Ohren steif!
Ergebnisse: hier.
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