Eigentlich stand ja eine Erholungspause auf dem Plan, doch
so recht konnte ich mich daran nicht gewöhnen und forcierte unter der Woche
nochmal ausnahmsweise das Training. Die Beine liefen solide, und so entschloss
ich mich kurzfristig, im thüringischen Arncity zu starten – natürlich auf der
Langdistanz von 70 km. Bastian, der ja auch rausnehmen wollte nach der
Salzkammergut-Trophy, schloss sich mir an, sodass wir zwei Regenerationsmuffel zusammen
mit Florentine und Tessa gen Arnstadt düsten – na ja, fast. Sich getroffen und
gemeinsam gestartet bei Löbichau, überkam mich am Hermsdorfer Kreuz nach 25
gefahrenen Kilometern im Tuborg-Transporter ein mulmiges Gefühl: „Sage mal,
Bastian, hast du meinen Helm und meine Schuhe aus dem Audi mitgenommen?“ Er war
sich sicher, dass nicht getan zu haben … Als wir dann nach nun 50 Kilometern
wieder in Löbichau ankamen, waren Schuhe und Helm tatsächlich noch im
Pussywagon. Und als wir nach 75 Kilometern wieder am Hermsdorfer Kreuz vorbeikamen,
sollten wir schließlich alle Sachen beisammen haben. So was nennt man Demenz,
glaube ich.
Wir kamen trotzdem pünktlich in Arncity an, ließen uns von
Rudi the Rocket beschimpfen, wieso wir denn überhaupt hier seinen und nicht wie
angekündigt eine Rennpause einlegten, holten die Startunterlagen und machten
uns rennfertig. Da sich vor einem Wettkampf immer noch ein gewisser Drang bei
mir einstellt und ich diesem nachgeben wollte, stellte ich mich notgedrungen am
einzigen(!) und natürlich besetzten Dixi-Klo der Gegend an … und wartete … und
wartete … und wartete. Mann, wie kann man nur so lange abseilen? Das geht doch
ruckzuck? Nach zehn Minuten öffnete sich endlich die Tür, und wer kam raus?
Steve Scheffel, der XC-Heizer. Sicherlich zu viel Schokolade gegessen, gelle? Schokolade
isst man lieber nicht, denn sonst sind die Därme dicht. Die Zeit wurde nun recht
knapp, und blöderweise standen noch zwei Damen vor mir in der Reihe – die aber
deutlich schneller waren als Steve. Nach 15 min kam ich dann endlich zum
Warmfahren, tat dies ganz fix und drängelte mich in der Startaufstellung ganz
nach vorne. Die Meute wartete nun auf einen um 10.15 Uhr erwarteten Geisterzug,
der, wie der Name schon sagt, natürlich nicht kam, womit der Start direkt vor
der Bahnschranke ohne Kollisionsgefahr erfolgen konnte.
Gleich am ersten Schotteranstieg zogen die XC-Spezialisten
um Tom Ettlich und Christopher Maletz ordentlich am Horn; Christian Kreuchler ging das Tempo auch
mit. Kurz dahinter gasten u. a. Steve Scheffel und unser Bastian ebenfalls gehörig
an. Das Tempo war mir zu diesem Zeitpunkt zu hoch, sodass ich mit der dritten
Gruppe vorlieb nehmen musste – irgendwie wollte der Güldimotor noch nicht so
recht hochdrehen. Bastian blieb bis zu einem gewissen Punkt immer in
Sichtweite, doch auf einmal waren er und Steve wie vom Erdboden verschluckt.
Ich dachte: „Auweia, bin ich heute langsam, dass die jetzt schon so einen
Vorsprung rausgefahren haben. Verdammter Mist.“ Nach einer Weile startete mein Motörchen
dann doch noch, und ich konnte in vorderster Front solides Tempo machen. Wir
holten ein, zwei Fahrer wieder ein, doch HDW war nicht mehr zu sehen. Das hat
mich völlig fertig gemacht, offensichtlich so schwach zu sein. Etwas
demotiviert rollte ich in unserer Gruppe jetzt relativ gemütlich die Singletrails
entlang, was die thüringische Dampflok namens Matej Meyer veranlasste, zu Beginn der
zweiten Schleife zu uns aufzuschließen. Das Tempo wurde nun erhöht, und ich
bekam trotz gutem Puls auf einmal Probleme, die Gruppe zu halten. Irgendwas
stimmte nicht. Ich stand teilweise wie ein Eimer, besonders bergauf. Bergab
lief es noch ganz gut. Das wurde allerdings auch in der dritten Runde nicht
besser, im Gegenteil. Die Gruppe war nun schon eine Minute enteilt, und mein
Hinterrad knackte bedenklich. Mit Frust bog ich notgedrungen ins Ziel der
Mitteldistanz, die sogenannte Strecke L mit 57 km, die jedoch etwas über 60 km
lang war, ab und betrieb Schadensbegrenzung. In Arnstadt war die Streckenwahl
ausnahmsweise während des Rennens möglich, was heute mein Glück war. Es stellte
sich heraus, dass das keine so schlechte Idee war, denn mein Hinterrad befand
sich nicht mehr dort, wo es hätte sein sollen, womit die Bremse recht
ordentlich schleifte. Bei meinen „brachialen“ Antritten auch kein Wunder ;-).
Der Streckensprecher meinte, ich wäre Gesamtzweiter und
AK-Sieger, was mich dann doch sehr überraschte. Noch überraschender war der
relativ geringe Abstand zum Sieger Christopher Maletz, der am Ende über Krämpfe
klagte. Er fuhr bereits am Vortag den hiesigen MDC-XC und war nicht mehr so
frisch wie einen Tag zuvor.
Nach ein paar Minuten kam ebenfalls zu meiner und
Florentines Überraschung unser Bastian durch die Rundendurchfahrt gehetzt, kurz
dahinter der Dixi-Steve. Nun war es amtlich, die beiden haben sich mörderisch
verfahren und dadurch ca. 15 min eingebüßt. Die Strecke war in der Tat nur
suboptimal ausgeschildert, und die zwei waren nicht die Einzigen, die sich
verfranzt hatten. Ich Frisör bog selber dreimal falsch ab, wurde aber von
meiner Gruppe stets zurückgepfiffen und konnte die entstandenen Löcher wieder
zudrücken. Etwas größere Pfeile wären hier sehr hilfreich gewesen.
Bastian beendete regulär die offiziellen 70 und
inoffiziellen 80 km trotz allem als saustarker Gesamtvierter und Zweiter seiner
AK. Ohne die Umwege wäre er Gesamtzweiter oder -dritter geworden.
Die Siegerehrung erfolgte etwas später und verursachte bei
mir ein schlechtes Gewissen gegenüber Bastian. Denn dafür, dass ich die lange
Runde abbrach, bekam ich richtig gute Preise, die besten überhaupt dieses Jahr
– einen feinen Pokal aus Kalkstein und einen noblen Sattel von FIZIK. Bei Ebay wird
der Sattel sicher gut rausgehen … HDW erwischte es hier deutlich schlimmer. Er
bekam, man mag es kaum glauben, eine Markensonnenbrille vom Typ Porno. Er
setzte diese anschließend völlig schmerzfrei und ganz und gar nicht eitel auf
der Heimfahrt auf und sah Adriano Celentano zum Verwechseln ähnlich. Ein echter
Hingucker. Mit Pornobrille setzte mich Adriano sicher an meinem Pussywagon ab.
Diesmal vergaßen wir zur Abwechslung nichts. Ein Traum.
Bis zum EBM in Seiffen, bei dem es sicher wieder schneien
wird, werde ich nun etwas rausnehmen und die müden Knochen schonen, versprochen.
Mein linker Huf hat auch eine Macke seit dem Kamm-Bike-Cross und schmerzt recht
ordentlich, sodass ich entweder mal beim Onkel Doc oder bei Tante Laura,
unserer Teamärztin in spe, vorsprechen werde. Bis dahin wie immer Respekt und
Robustheit!
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