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Dienstag, 23. September 2014

19. Drei-Talsperren-Marathon in Eibenstock am 20.09.14

Die Frau, die letzte Woche ihre Lebensgeschichte erzählte, tut das dieses Mal zum Glück unter einem anderen Fenster. Coco the cat pennt bei ihren Großeltern. Trotzdem ist es eine kurze Nacht, doch was bin ich froh, als es am Morgen trocken ist draußen.
Bis Freitag, 19 Uhr, habe ich am lädierten Bike geschraubt; unter der Woche werkelte auch der kleinwüchsige, Pizza vernichtende Chefmechaniker Matthias Müller an Scotti herum, der dafür sogar seine Freizeit opferte und auf seine Lieblingssendung, den Sandmann, verzichtete. Zum Glück gibt es aber die MDR-Mediathek. Ohne wirklich Probe zu fahren, wird es demzufolge eine Fahrt ins Blaue.

Seit Wochen steht der Wecker auf halb sieben – so auch am heutigen Samstag. Ich bin trotz einiger Umwege sehr pünktlich vor Ort in Eierstock, hole zusammen mit Immanuel „FKJ“ Stark die Startunterlagen fürs ganze Team, baue noch bissl am Bike rum, merke, dass ich mein Trikot verlegt habe, borge mir eins von Sebastian „FK“ Stark, schließe die RSV-Allzweckwaffe Sören Grimmer fest in mein Herz, als sie bzw. er mir auf der Latrine mit seinen Tempotaschentüchern sprichwörtlich den Arsch rettet, fahre mich bissl warm, stelle mich an den Start, und schon geht’s los.

Zu Beginn des langen ersten Schotteranstieges ist das Tempo noch erträglich, erst weiter oben, als FKJ Führung fährt, tut’s ordentlich weh. Der Speed ist hoch genug, um die Führungsgruppe auf fünf Helden in Radhosen zu reduzieren: vier TBR’ler (FK, FKJ, HDW, Güldi) und Triathlet Enrico Knobloch. An der Asphaltrampe in Carlsfeld meldet Bastian „HDW“ Wauschkuhn erste Probleme mit seinen Keulen an, während FK sich noch unterhalten kann. HDW sieht schon am helllichten Tage die Sterne, und ich bin kurz davor, in Schnappatmung zu verfallen. Wir nehmen zum Glück kurz raus und kommen gemeinsam am „Schleimsupport“ an der Staumauer Carlsfeld an. In den Flachpassagen bis zum Col de Auers gehen wir allesamt durch die Führung und halten das Tempo recht hoch. Zur Bergprämie hinauf auf den Gipfel des Col de Auers lassen die FKs wieder das Gas stehen, ich bleibe mit Mühe dran, HDW und Enrico Knobloch büßen einige Meter ein. An der Bergwertung will keiner von uns dreien Verantwortung übernehmen; zum Stäbchenziehen kommen wir nicht, also geht es Rad an Rad über die Bergprämie – blöd für den Herren am Zielstrich, aber gut für uns. Zum Glück hat der Veranstalter exakt dort eine hochauflösende Highspeed-Kamera installiert, die später einen 20-mm-Vorsprung zu Gunsten des Dönerverkäufers diagnostiziert, wie sich später bei der Siegerehrung im Festzelt herausstellt. Mein Gewissen ist schlecht, doch der Fresskorb, den ich mir nach 11 Jahren mal wieder einheimse, wird natürlich untereinander aufgeteilt. Unsere Laura „LH“ Hoffmüller gewinnt denselben bei den Damen, womit wir reichlich verköstigt werden.

Bergab rollt unsere Fünfergruppe wieder zusammen und mal gemütlich, mal sehr zügig über diverse Forststraßen zum zweiten Mal den Col de Auers hinauf. Hier drehen beide FKs erneut etwas mehr am Gas und können einige Meter enteilen. Oben kann ich mit HDW und Enrico im Schlepptau wieder aufschließen, weil das FK-Duo vorne nicht durchzieht. Zum zweiten Mal greifen wir auch unsere Flaschen von Steffi „MdFK“ Stark und Florentine Wauschkuhn, die noch keinen teaminternen Spitznamen hat. Bergab müssen wir Slalom fahren, weil wir die Fahrer der 50-km-Runde einholen. Irgendwo hier holt sich Enrico einen Plattfuß, sodass wir jetzt zu viert ein Teamzeitfahren veranstalten können. Das Überholen der vielen Biker auf den Flachpassagen hält an und ist manchmal nicht ganz ungefährlich, weil der eine oder andere seine Spur nicht hält. Bergab Richtung Talsperre Sosa rollt uns HDW auf und davon, ohne auch nur einmal in die Pedale zu treten. Wir Leichtgewichte hinten haben zu tun, dranzubleiben. FK kurbelt auch fleißig und legt nach einer schlecht sichtbaren Bodenwelle einen heftigen Quersteher hin bei Highspeed. FKJ und ich haben ihn eigentlich schon zwischen den Fichten hängen sehen. HDW schiebt übrigens seine Bergab-Performance auf seine hohe Schwungmasse. Im Flachstück vor der Staumauer überholen wir Sponsor und OdFK Steffen Werner, bespaßen ihn, schieben ihn bissl an und ballern kurz darauf weiter über die Talsperre Sosa und bergab zum Blauenthaler Wasserfall. Dort empor staut sich’s ganz beachtlich und oft quer zur Fahrtrichtung fahrend, kommen wir oben wider Erwarten alle heile an und pressen weiter in Richtung Straßenquerung Wolfsgrün. FK bolzt dort auf der Straße nach Neidhartsthal derart Führung, dass es mir fast die Tränen in die Augen zaubert. HDW stöhnt auch wegen des hohen Tempos, bevor wir über die Eibenstocker Talsperre düsen. HDW koppeln wir ungewollt etwas ab den kurzen Anstieg hinauf, lassen ihn natürlich nicht im Stich und wieder ranfahren. Zu viert gleiten wir zügig Richtung B283, wo TdFK Katja Werner nun die logistisch anspruchsvolle Aufgabe hat, mit zwei Händen vier Fahrer gleichzeitig zu verbotteln. Schon aus der Ferne winke ich ihr zu, damit sie sich psychisch drauf einstellen kann, gleich extrem gefordert zu werden. Es klappt alles bestens, jeder grabscht seine Bottle, weil wir aufeinander Rücksicht nehmen.

Wie schon im Vorjahr versuchen uns die Streckenposten in die falsche Richtung und direkt zum Ziel zu leiten. FK meint sogar, den damaligen Übeltäter und „Falschwegweiser“ (Stichwort: rote Nase) wiederzuerkennen, doch drauf reinfallen tun wir und insbesondere beide Flaschenkläue heute nicht, und biegen knallhart entgegen aller Widerstände rechts auf die Hauptstraße in den letzten 30 km langen Rundenabschnitt der 100-km-Runde ab. FK, FKJ und ich bolzen Tempo, HDW darf sich erholen. Es wird noch mal heikel, als wir ein schlingerndes 5-Mann-Tandem überholen müssen. Was es hier zu suchen hat, bleibt sein Geheimnis. FKJ kommt solide vorbei, bei mir wird’s knapp mit der Streckenbegrenzung linker Hand, und FK ballert um ein Haar ins Straßenschild rein. Gar nicht mal so unknapp und nicht auszumalen, wie das Straßenschild danach ausgesehen hätte. Der fiese Anstieg im folgenden Waldstück fordert insbesondere von HDW größte Überwindung, doch wir helfen ihm rüber, sodass wir auf den sich anschließenden Flachpassagen bis zum Col de Wauwau zusammenbleiben können. FK und ich fahren Führung und halten das Tempo oben, FKJ passt auf HDW auf. Auch den Col de Wauwau hoch motivieren wir Bastian nach besten Möglichkeiten und erreichen die Kuppe zu viert. Jetzt kommen nur noch zwei nennenswerte Cols. Am Anstieg von der Eibenstocker Staumauer hoch in den Wald, den wir heute zum zweiten Mal fahren, müssen wir HDW nun zurücklassen, aber es ist nicht mehr weit bis ins Ziel. In einer schnellen Rechtskurve auf dem Weg zum selbigen nehme ich um ein Haar eine rumstehende SUDFJAD mit, die mitten auf der Piste Statist spielt. Ich erlöse sie schlagartig aus ihrer Lethargie, und mit einem beherzten Sprung rettet sich die Dame nach links in die Böschung.
Die letzten Kilometer wechseln wir uns fein ab, und am Ende fahre ich beiden Flaschenkläuen symbolisch den Bergsprint an, denn es geht um den Gesamtsieg im WEB-Cup. Beide sind punktgleich, mein dritter Platz ist mir schon sicher. Jedoch kurz bevor der Bergsprint beginnt, steht auf einmal ein echtes Pferd vor uns. Die Streckenposten, die uns vorhin falsch leiten wollten, haben es sicher übersehen. Ist ja auch nicht so groß, so ein Tier. Jedenfalls umkurven wir das Huftier und hoffen, dass nicht auch noch Winnetou aufkreuzt. Dann treten beide FKs drauf samt Kondensstreifen – ein Gemetzel unter Blutsbrüdern ohne Rücksicht auf Verluste. Da werden schnell mal 450 Watt locker gemacht – nach 100 km, versteht sich. Hier bin ich aus dem Spiel und kann einigermaßen entspannt vorbei an der Pferdekoppel und am Parkplatz ins Stadion einbiegen und Dritter werden. Wenig später erreicht HDW als Vierter das Ziel. Damit schaffen wir es zum ersten Mal überhaupt, vier Teamfahrer unter den Top-4 zu platzieren. Und dass Laura die Gesamtwertung bei den Damen mit 47 min bzw. umgerechnet ca. 20 km Vorsprung gewinnt und unter vier Stunden bleibt, rundet das Ganze ab.

Was folgt, ist eine TBR-Siesta auf dem Kunstrasen im Stadion, geduscht natürlich. Wir aalen uns in der Sonne, zumindest solange sie scheint, während SchwadFK André Fischer mal wieder den Halbmarathon der Läufer gewinnt. Wenig später eilt Nichtversicherungsmaklerin Sandra Kaiser aus dem Festzelt herbei, um uns mitzuteilen, dass bereits die Prämierung der Bergwertung läuft. LH und ich schaffen es rechtzeitig, um mit Waldmeister Heinke, dem Bergkönig der 50 km, die beiden Fresskörbe in Empfang zu nehmen. Zum Dank erhält Frau Kaiser ein Glas Bockwurst aus meinem Fresskorb. Das andere Glas gehört natürlich ganz obligatorisch dem Bratwurstvernichter FK, auch wenn es sich wie gesagt nur um Bockwürste handelt.
Unsere eigentlichen Siegerehrungen gehen dank neuer Organisation sehr zügig, am Ende warten wir nur noch auf die Gesamtwertung des WEB-Cups … und warten und warten. Da sich nichts tut, fragen wir vorsichtshalber mal nach. Das Erstaunliche: Der WEB-Cup wurde mitten in der Saison wegrationalisiert, weil sich die austragenden Vereine nicht allzu grün sind, was die Finanzierung angeht. Schade, dass das alles hinter dem Rücken der Sportler ausgetragen wird und wir überhaupt nicht informiert waren. Besonders ärgert sich FKJ, der am Folgetag noch das Straßenrennen in Sebnitz bestreiten möchte und nur 30 oder 50 km gefahren wäre, hätte er von der Sache gewusst. Macht aber nix, er gewinnt das Rennen am Sonntag trotz der heutigen Vorbelastung. Also für alle, die 2015 das Podium im Visier haben: Den WEB-Cup gibt es nicht mehr. Da können wir in Eierstock ja auch auf die Mittelstrecke wechseln. ;-)

So, noch ein Rennen, dann ist Feierabend für diese Saison. Der Rücken, der heute erstaunlicherweise durchhielt, wird’s mir danken. Bis bald.

Bergwertung
(C) by Marathonverein Eibenstock
Gesamtwertung
(C) by Marathonverein Eibenstock

Donnerstag, 18. September 2014

14. Greifenstein-Bike-Marathon in Geyer am 14.09.14

Die Nacht vorm Rennen kübelt’s schon recht ordentlich, und irgendeine Madame erzählt ihrem Liebhaber ihre halbe Lebensgeschichte – direkt unter meinem geöffneten Schlafzimmerfenster; beides ist für den Schlaf des alten Mannes natürlich nicht besonders zuträglich. Wenigstens schnarcht Mieze Coco nicht. Der Wecker soll 6.30 Uhr klingeln, doch ich bin schon 6 Uhr wach. Draußen: Dauerschiffe, jeder Normalo pennt weiter, aber ich bin ja auch nicht normal. Nach Erledigung der morgendlichen Pflichten düse ich ins nasse, neblige Geyer.
Viel los ist noch nicht auf dem Parkplatz, keine Schlange an der Anmeldung, alle Dixiklos zu meiner alleinigen Verfügung. Wahnsinn. Unserem Team-Co-Sponsor Steffen „OdFK“ Werner übergebe ich meine fünf Bottles, begrüße natürlich höflichst beide Flaschenkläue und unsere Laura, fahre mich ein wenig warm und warte entspannt auf den Start. Viel mehr als zwanzig Leute wollen sich die lange Strecke von (echten) 96 km heute jedoch nicht antun.

Kurz nach neun geht’s los, und bis zur Schanze bleiben wir drei TBR’ler und Sebastian Ortmann zusammen, dann erdreisten sich FK und FKJ, das Gas stehenzulassen, obwohl FKJ schon eine ordentliche Vorbelastung von 157 Straßenrennkilometern in den Hufen hat vom Vortag. Hut ab. Normalerweise müsste nun Robodoc hinterherfahren, tut er jedoch nicht. Ich sowieso nicht, was meinem Herz-Kreislauf-System sicher zugutekommt. Hot Doc und ich sind nun zu zweit und zusammen 77 Jahre alt. Beide FKs vorne ziehen auf und davon, auf Biegen und Brechen wieder ranzufahren, wäre mein sicherer Tod und taktisch äußerst ungeschickt mit Hot Doc im Schlepptau.
Die Abfahrt von den Gripstones ist recht schlammig, aber noch relativ gut fahrbar. Blöderweise war ich am Vortag etwas zu penibel beim Einstellen meines unteren Schaltanschlages, sodass mir von Anfang an mein 11er Ritzel fehlt. Auch mein Pulsgurt hat’s hinter sich und zeigt permanente Deadline an. Schlecht für die Renneinteilung. Dr. O und ich rollen in Eintracht zum Ana Mare hinauf und etwas später in den zweiten Rundenabschnitt, der auch ordentlich unter Schlamm steht, wenn man mal die Waldautobahnen außen vor lässt. Irgendwo mitten im Forest bemerke ich auf einmal, dass Dr. O von meinem Hinterrad verschwunden ist. Keine Ahnung, was passiert ist, also fahre ich zunächst alleine weiter. Mein Rücken meldet sich spätestens auf der Wurzelpassage am Fernsehturm so richtig, trotzdem bummle ich nicht rum. Aufgrund von Forstarbeiten und übermäßiger Verschlammung hat Andreas Fischer hier die Strecke ändern müssen, so dass es etwas anders als gewohnt Richtung Rollskistrecke geht. Der Downhill lässt sich solide fahren, doch die ollen Wurzeln oben im Wald machen mir wieder zu schaffen. Auch in Richtung Ziel gibt es eine Streckenänderung, und wir fahren am Feld vorbei, um kurz vor der Straße über eine verschlammte Wiese parallel zur Straße gänzlich unsere Körner aus den Waden saugen zu lassen. Was für eine Gummipampe. Schnell ein Gel gegriffen am Streckensupport, und schon geht es erneut über einen Wurzeltrail am Stadion hoch zum Ana Mare. Steffen verbottelt mich und gibt mir den Rückstand auf die Flaschenkläue und den Vorsprung auf Platz vier durch. Alles im Lot.

Die zweite Runde beginne ich zügig, doch mittlerweile dürften die Bremsbeläge hinten über den Jordan gegangen sein, wenn man die Bremsleistung in Relation zum Zug am Bremshebel setzt. Egal, habe ja noch eine Vorderbremse. Das 11er Ritzel will noch immer nicht, also heißt es leiern, leiern, leiern. Das zweite Mal die Gripstones hinab schlittert es schon etwas mehr, weil nun schon ein paar hundert Fahrer den Weg nach unten gesucht und offensichtlich auch gefunden haben. Es klebt keiner am Baum. Die Steilrampe kann ich noch problemlos mit dem „großen“ Blatt drücken und komme paar Minuten später oben am Bad beim OdFK an, der unser Team heute astrein und bei saumäßigem Wetter verbottelt. Der zweite Rundenabschnitt nach der Straße beginnt gleich mit einem Crash, als mir ein Halbwüchsiger mit seinem Rad ausgerechnet auf dem engen Huckel direkt an der Straße in die Parade fährt und ich in den Graben abbiegen muss. So ein Flatus Maximus. Ich fluche wie ein Rohrspatz und setze meine Fahrt mit gehörig Wut im Bauch fort.
Den zweiten Rundenabschnitt mag ich als Zwerg nicht besonders, weil mir hier schlichtweg die Wattzahl fehlt. Die Wurzelpassagen tun meinem Rücken wieder besonders gut, aber da hilft kein Jammern, sondern nur eine ordentliche Physio. Und so langsam wird’s zäh bei mir. Keine Ahnung, wie mein Puls ist, der geht ja bekanntlich heute nicht.

Zu meiner Verwunderung hat sich der Abstand zu Beginn der dritten Schleife nach vorne nicht vergrößert, obwohl’s bei mir gerade etwas in die Binsen geht. Die Greifensteine hoch und in die Abfahrt wieder hinab bereiten mir nicht das allergrößte Vergnügen, aber solange ich noch mit dem Blättchen die Rampe hochkomme, wird’s schon gehen. Oben am Ana Mare jedoch kommt Robodoc von hinten aufgefahren. Er ließ vorhin reißen, weil sein Hinterrad aus der Halterung rutschte und er es fix nachspannen musste. Wenig später schließt die Spitze der 60-km-Runde in Form des Waldmeisters Sascha Heinke zu uns auf. Robodoc bleibt mit Mühe dran, meine Messe ist gelesen. Ich bin so ziemlich im Arsch, und zwar genau an der Campinglatrine im Wald kurz nach dem Pfützen- und Schlammlochgaudi. Sascha und Hot Doc muss ich ziehen lassen, schlürfe mal eben noch ein Gel, in der Hoffnung, dass der Turbo zündet, doch passieren tut erst mal nix. Paar Minuten später überholt mich Udo Müller, der Zweite der 60 km. Hier kann ich wenigstens gut einen Kilometer im Windschatten mitfahren, bis es mir auch hier zu schnell wird. Ärgerlich. Die Beine sind weich wie Gummi. Das Gebummel geht weiter bis hin zur Rollskistrecke und den Gegenanstieg hoch, wo ich beinahe völlig die Hufe hochnehme. Hier überholt mich noch Bret Janschneider, der Dritte der 60 km, den ich jedoch zu meiner Freude viele Kilometer vorher hinter mir in Sichtweite lassen konnte trotz besserem Standgas. Jetzt muss ich nur noch meine Lieblingswurzeln und das Gummifeld überleben. Das gelingt mir, aber im Ziel bin ich völlig breit und kaum noch auszumachen unter meiner Schlammpackung. Am Rad hat auf den ersten Blick zunächst alles gehalten wider Erwarten, doch der zweite Blick daheim wird mir das Entsetzen ins Gesicht zaubern.

Sebastian Stark siegt vor seinem Bruder Immanuel, Dr. O wird Dritter, ich rette noch Platz vier ins Ziel. Laura wird Zehnte bei den Männern, X-Man Norman Dreizehnter bzw. erster in der Terminator-Wertung. Pitt Brett kämpft sich auf Rang acht der Mitteldistanz ins Ziel. 
Das Kärchern meiner Schlammreuse übernimmt dankenswerter Weise Andy Berger und nicht Andy Borg für mich, sodass ich mich zitternd vor Kälte ins Ana Mare unter die Dusche rette. Paar Minuten später stehe ich quasi alleine unter der Brause, weil eine engagierte Bademeisterin die (nackten) Männer aus der Dusche scheucht, weil sie diese kärchern will, die Dusche, versteht sich. Prüde ist die Blondine ganz sicher nicht.
Erwärmt und nun auch durch Kuchen, Weintrauben und Schokolade vom Stand des RSV Erzgebirge gestärkt, geht’s für mich ins Zelt zur anstehenden Siegerehrung. Kurz vorher lasse ich mich als gute Tat für heute als möglichen Stammzellenspender testen, doch als Dank rammt mir ein Knirps mit seinem Kinderrad sein rechtes Pedal in mein rechtes Schienbein und bringt die Sitzbank zu Fall. Tumultartige Szenen.
Die Siegerehrung geht recht fix über die Bühne, und wie es sich gehört, wird die Langstrecke zuerst prämiert. Vorteil ist, dass man sich zuerst seine Preise aussuchen darf und das Zelt noch gefüllt ist. Und nur deswegen fahre ich ja auch Langstrecke. ;-) Ich greife ein brauchbares Funktions-T-Shirt ab. Obendrein gibt es einen vernünftig dotierten Gutschein meines Hauptsponsors TBR. Halb fünf nach der letzten Ehrung und Danksagung an die Hilfskräfte, die bei dem Sauwetter beste Arbeit geleistet haben, ist dann Schicht im Schacht. Dennoch rammt mir beim Verlassen des Zeltes derselbe Steppke wie vorhin erneut sein Pedal ins Schienbein, diesmal sein linkes in mein linkes. Dem scheint das räumliche Sehen zu fehlen.

Zuhause angekommen, schaue ich mir im Keller gleich mein gereinigtes Bike etwas genauer an und muss konsternieren, dass ich keine Bremsen mehr habe bzw. dass die abgeschliffenen Trägerplatten als Bremsklötze fungieren und zumindest hinten die Bremsscheibe ruiniert haben. Des Weiteren ist der Kolben hinten fest, womit die Trägerplatte somit permanent und ganz beachtlich während des Rennens an der Scheibe schleifte. Ich vermute, das ist auch ein Grund, wieso es mir den Stecker gezogen hat. Kette, Ritzel, Schalt- und Spannröllchen sind ebenfalls hinüber. Wie bei Facebook schon geäußert, hat mich eine Runde im Schnitt 133 EUR gekostet. Blöd, wenn man drei Runden fahren muss, um in die Wertung zu kommen. Was tut man nicht alles für sein Hobby …

Jetzt heißt es, ganz fix neue Teile ranzubekommen und das Bike wieder fahrtüchtig zu machen, um am Samstag startklar zu sein beim DTM. Passt in der Zwischenzeit auf eure Schienbeine auf!

(C) by Dirk Kersken