Die 90 km sind gut
besetzt, ich erhoffe mir dennoch einen Platz unter den ersten Fünf der
Gesamtwertung. Das Warmradeln offenbart mir leider, dass die Beinchen, die das
bewerkstelligen sollen, nicht taufrisch sind und ich mich noch im Halbschlaf
befinde.
Um neun geht’s scharf,
und wie erwartet, drehen die Beine nicht gut. Mit Mühe bleibe ich an der Spitze
dran, die mir zu den Gripstones hinauf dann aber enteilt. Ich muss mir
eingestehen, entweder zu spät oder zu viel gegessen zu haben des Morgens. Der
Puls will bestenfalls in den EB drehen, aber nicht höher. So gewinnt man keinen
Blumentopf, und ich werde fleißig durchgereicht. Bergab war ich auch schon mal
schneller, sodass ich zum Zeitpunkt der ersten Verbottlung durch Co-Sponsor und
OdFK, Onkel Steffen Werner, um Platz 12 herumgurke. Schnellstarter war ich mal
in meiner Sturm- und Drangphase zum Jahrtausendwechsel, nur heuer sieht das
völlig anders aus. Irgendwann befinde ich mich in Gesellschaft der Herren
Marcel Hofmann und Hendrik Heß, mit denen ich die erste sehr träge Runde hinter
mich bringe.
Die zweite Runde
verläuft anfangs nicht viel besser. Puls und vermutlich Watt deutlich unter Sollbums.
Eine Cheise ist das, aber nicht zu ändern. Marcel und Hendrik haben trotzdem
den Anschluss verloren, sei es aus technischen oder physischen Gründen. Der Col
zum Ana Mare empor bringt mir zwei weitere Fahrer meiner Strecke ins Blickfeld,
die ich recht fix aufrolle. Thomas Peschke von den Stein-Bikern fährt weiter mit
mir mit, der andere mir unbekannte Heizer streicht die Segel. Thomas und ich
harmonieren auf den Drückerpassagen ganz solide, sodass wir auf unsere direkten
Vorderleute sicher nicht allzu viel Zeit verlieren.
Kurz vor Ende der zweiten
Runde, so um Kilometer 55 herum, habe ich den Eindruck, dass da endlich was
zündet bei mir. Onkel Garmin gibt mir recht, und als hätte die Box mir einen
kleinen Leistungsschub über Funk gegönnt, geht es endlich brauchbar vorwärts. Reichlich
spät, aber immerhin. Der Leidtragende ist Herr Peschke, der kurz nach
Rundendurchfahrt abkoppeln muss.
Rücksicht wird heute
nicht genommen, der Blick geht nach vorn. Und siehe da, oben an den Gripstones
erspähe ich zwei oder drei weitere Fahrer meiner Runde. Das sind vielleicht
zwei Minuten Rückstand, also weiter fein Drehzahl kurbeln, bergab
kontrolliert runter, bergauf etwas weniger kontrolliert hoch. Am gut
einsehbaren Col zum Ana Mare hinauf kann ich trotz altersbedingt nachlassender
Sehschärfe eindeutig Lars Brödner ausmachen. Na, den kriegste doch sicher noch …
Weiter schön auf dem Gas bleiben. Dumm nur, dass nun der für Zwerge eher
ungeeignete Rundenabschnitt kommt: die flachen Schotterautobahnen. Dass meine
Kontrahenten vor mir fast ausschließlich Rennradhelden sind, erschwert die
Sache. Trotzdem den Sand nicht in den Kopf stecken und Knallgas. Knallgas,
liebe betagte, entgegen der Strecke fahrende Hobbyradler, bedeutet auch
Knallgas. Wenn ihr mir das nächste Mal die Ideallinie mit euren E-Bikes
verbaut, löte ich euch die Generatorkabel so zusammen, dass ihr mit
Kondensstreifen in den Greifenbachstauweiher donnert und U-Boot auf
Schleichfahrt spielt!
Lars nehme ich
weitere Meterchen ab, nur die hiesige Waldfee erhört meinen Wunsch nicht, noch zwei,
drei längere Berge klammheimlich einzubauen. Denn dann, ja dann gibt’s Saures,
aber so richtig. Die Beine sind echt gut jetzt, kein Wunder bei dem Geschleiche
am Anfang. Irgendwann sind jedoch auch 90 km passé, sodass ich weder Lars noch den
vor ihm fahrenden Venusberger, noch Ronny Schmidt einholen kann und nur Achter
werde – meine schlechteste Platzierung ohne Defekt hier beim GBM überhaupt. Heute
hätte ich mir noch eine vierte Runde gewünscht.
Teamkameradin
Laura „LH“ Hoffmüller macht trotz zweier Handicaps ihre Sache auf den 90 km
deutlich besser als ich. Sie wird zwar nur Vorletzte, aber bei zwei
Starterinnen deutet das auf Platz 1 hin – mit knapp 50 min Vorsprung. Man
munkelt, sie sei heute auf einem frisierten Fully unterwegs gewesen. Ihr
Schmusi und mein verschraubter Teamkollege Sebastian „FK“ Stark wird trotz noch
(viel) schwereren Handicaps auf den 60 km Gesamtfünfter. Das ist schon krass.
Einmal Übermensch, immer Übermensch.
Dass ich im Anschluss zum Ana
Mare renne, um dort vergeblich zu duschen, ist meiner Faulheit zuzuschreiben,
Ausschreibungen zu lesen. Nur, lieber Andreas Fischer, wo habt ihr denn die burschikose,
rigorose Türsteherin an den Fußballduschen her? Ojemine. ;-) Ansonsten vielen
Dank für die Witze am Start und das bestens durchorganisierte Event. Und nachdem uns –
Lars Strehle und mir – von LH Dampf gemacht wird, dass man(n) ab 40 zur
Vorsorgeuntersuchung zu gehen hat, geht’s mit schlechtem Gewissen zur
Siegerehrung und etwas später über Umwege heim.
Und nun wird nicht
etwa regeneriert, nein, es wird an der Startschläfrigkeit und anderen Dingen
gearbeitet. Denn nach dem Rennen ist vor dem Rennen, ein Wettkampf dauert 90
km, und das Rad ist rund. Oder so ähnlich. Meine Ernährung stelle ich auch um, die
Schokoriegel stehen jetzt direkt links von mir. Mal sehen, ob das in Eierstock
zum DTM schon erste Früchte trägt … Bis dahin gute Nacht.
Ergebnisse: hier.
Zielanfahrt (c) by Mario Zinn |
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