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Mittwoch, 5. Oktober 2016

15. Adelsberger Bike-Marathon am 03.10.16

Am Freitag erhielt ich Nachwuchs-Mieze Kitty zur Urlaubspflege, eine von sieben Kitten meiner beiden Elternkatzen. An und für sich `ne liebe Mädchen-Katze, doch ausgerechnet in der Nacht zum Montag macht sie Remmidemmi. Sie ist in ihrer pubertären Phase. Dass man(n) dabei nicht sonderlich gut schläft, brauche ich keinem zu erzählen. Und wenn man frühs schlaftrunken aus dem Fenster schaut rein ins nasse Einheitsgrau, dann sinkt die Motivation zudem gewaltig. Es sind zum Glück nur schnelle 60 km zu fahren, und das quasi direkt vor der Haustür, also auf, auf und davon, alter Mann.

Am Start-/Zielgelände pisst’s recht eklig. Kalt ist es außerdem. Das Startgeld ist trotz einigermaßen pünktlicher Überweisung nicht auf dem Konto der SG Adelsberg eingegangen, was mich eine gesonderte Beweisführung und einige Minuten Zeit kostet. Das Urteil lautet Freispruch. Das Zelt verlasse ich raschen Hufes, und wen sehe ich da seit einer halben Ewigkeit mal wieder? Carsten „Das Schwein“ Linke mit einem geliehenen MTB. Hammer. Er fährt die Staffel, sieht ansonsten recht fit aus.
Mein Warmfahren fällt kurz, aber intensiv aus. So intensiv, dass ich von einheimischen Datscheninhabern angefeuert werde, weil die denken, das Rennen hat schon begonnen und ich mit Abstand der Erste bin. Ich erkläre ihnen, dass es sich nur ums obligatorische Einrollen handelt. Und sie fragen berechtigt, warum ich mir jetzt schon so die Kante gebe. Nun ja, ein drei Meter großer älterer Bekannter von mir meinte neulich, ich solle mal bei meiner Startschläfrigkeit bissl ins Laktat gehen beim Anschwitzen. Gesagt, getan. Ach ja, weniger gegessen habe ich diesmal übrigens auch – nur ein halbes Wildschein und fünf Klöße. Vom Rote-Bete-Saft, den mir ein anderer Kumpel mit 12 Schrauben im Rücken empfohlen hat, um die Startschläfrigkeit zu überlisten, sehe ich heute mal ab.

Pünktlich ´ne Minute vorm Start reihe ich mich in die Startaufstellung ein. Da der ABM kein UCI-Rennen ist, sichert spätes Kommen gute Plätze. Es geht zügig los, erst am Asphaltanstieg nach rund 5 km fahren die Rennradler Robert „Watt“ Walther und Johannes „Heidi“ Heider, die MTB’ler „60-Kilometer-Felix“ Fritzsch und Jonas Hummel weg. Hummel ist ausnahmsweise der echte Name. 
Der folgende Hohlweg (Halfpipe) hat in den letzten Jahren deutlich gelitten und ist inzwischen so hohl, dass es bei glitschigen Verhältnissen vorteilhaft ist, ein wenig Vorsicht walten zu lassen, besonders kurz vorm Rentenalter. Ich komme gut durch, und auf einmal haben wir Heidi vor uns. Seine Welt sind nicht die Berge (bergab). Er parkt quasi als „Nichttechniker“ ganz schön ab. Heidi hat aber den Vorteil, als sehr guter Rennradler auf Schotter und Asphalt richtig Bums zu haben, sodass er uns wieder davonzieht. Der Downhill ins Sternmühlental bietet keine großen technischen Tücken, sofern man die Bremspunkte richtig erwischt, trotzdem drücke ich uns irgendwie wieder an das Führungsquartett heran. Die Freude ist von kurzer Dauer, denn im Hammergrund und den Steilanstieg hinauf fahren uns die vier Leute wieder weg. Vaterunser verbottelt mich oben auf der Kuppe. Er meinte, ich solle wegen seiner Sohn-Erkennungs-Schwäche (SES) rechtzeitig winken, wenn ich komme. Ich habe bereits im Sternmühlental mit Winken angefangen. Vadder erkennt mich tatsächlich und überreicht mir die Bottle. Modder kann heute nicht. 
Bergab geht’s gut vorwärts, dass wir fast wieder an die Spitze heranfahren. Bergauf habe ich Zeit, die Gegend zu inspizieren. Ein Blick nach rechts auf das Handgelenk von Dr. Sebastian „Robodoc“ bzw. „Dr. O“ bzw. „Hot Doc“ Ortmann lässt mich vor Neid erblassen, auch der Blick auf Ronald „Roland“ Kunz‘ und Torsten „Mütze“ Mützlitz‘ Handgelenk fördert meine Habgier. Die haben alle so schöne Armbänder, warum habe ich nicht so eins? Weil ich ein Vollpfosten bin. Nach meinem 14. Start hier sollte ich eigentlich wissen, dass man mit Transponder fährt. Doch dieses Mal hat Güldepp versagt. Hmm, wie nun weiter? Erst mal fahren …
Jonas Hummel muss vorne etwas reißen lassen, und Mütze fasst sich ein Herz und schließt später zu ihm auf. Robodoc, Marco Häntschel, Staffelfahrer Roland, ein weiterer Staffelfahrer und ich bleiben sitzen und lassen Mütze gewähren. Der ist noch halbwegs jung und schleppt nicht ganz so viel Gewicht mit sich den Col hinauf. Der Rest der Runde geht fix zu Ende. Vorm letzten Anstieg jedoch weise ich Roland, der jetzt gleich fertig hat, in die Tücken meines Ersatzschlüssels fürs Kfz ein. Denn Roland bot sich vorher an, mir meinen Transponder aus dem Auto zu besorgen und mir in Runde drei zu überreichen. Feiner Kerl. Also fummle ich den Notschlüssel aus meiner Trikottasche raus und borge ihn unserem Ronald aus. Dass 30 s nach Öffnung des Autos per Notschlüssel die Alarmanlage losgeht, verschweige ich aber vorsichtshalber mal.

Okay, Aufbruch in Runde zwei. Bis zur Halfpipe verläuft alles unspektakulär und im kreislauffreundlichen Tempo. An dritter Stelle geht es in den Downhill, Marco direkt vor mir, ganz vorne Hot Doc. Marcos Fahrweise ist nicht ganz ungefährlich und sieht sehr spektakulär aus from behind. Ich sage ihm das, und quasi im selben Augenblick haut’s mich Experten selber auf die Fresse. Welch Wunder, es ist dieses Mal der rechte und nicht wie üblich der linke Ellenbogen; der linke ist vorsichtshalber bandagiert. Man muss auch mal Glück haben. Nach kurzem Rad- und Guido-Check setze ich meine Fahrt mit nur leichten Schürfwunden fort. Die zwei Herren muss ich nun aber wieder zufahren, was gar nicht mal so leicht werden soll. Erst im Hammergrundanstieg kann ich Marco einfangen, unseren Robodoc bissl später am Steilanstieg. Das hat Körner gekostet. Mein leiblicher, sehschwacher, an SES leidender Vadder erkennt mich auch dieses Mal – freilich erst, nachdem ich winke. Anschließend stürzen wir uns den Downhill hinab und müssen feststellen, dass in Runde zwei quasi alle 5 m jemand zu überholen ist. Ein Gewusel, manchmal leider nicht ganz ideal. Wir müssen des Öfteren ziemlich den Anker werfen, aber Sicherheit geht vor. 
Den langen Schotteranstieg zum Col de Adels nutzt Robodoc, um etwas wegzukommen. Ich habe mir heute fest vorgenommen, einigermaßen gesittet in den Berg hineinzufahren, um oben noch mit gutem Druck herauszukommen. Das klappt ganz gut, auch wenn man sich anfangs paar Meter einfängt. Bevor es erneut ins Gelände geht, klemme ich nicht nur am Hinterrad von Dr. O, sondern auch an den Hecks von Jonas Hummel und Mütze. Ich bin so stolz auf mich. Wenig später schließen im Überholverkehr auch Marco und ein frischer Staffelfahrer namens Lars Heinecke wieder auf. Bergab rollt’s etwas gedämpft wegen der vielen Biker, bergauf leiern die Beinchen dagegen noch brauchbar. Kurz vorm Sportplatz überreicht mir Waldmeister Sascha Heinke meinen ach so vermissten Transponder. Sascha wurde von Roland in die Notöffnung meines fahrbaren Untersatzes eingewiesen. Dass der Alarm nach 30 s losgeht, verschwieg Roland dem Waldmeister mal lieber … 

Runde drei. Jonas hat am Schösserholz oben Platten. Ein Nagel ist schuld. Der kann nur von einem Gartenzaun der Eingeborenen dort stammen. Unser Grüppchen reduziert sich auf vier Heizer. Etwas vor uns fährt das Schwein, und damit seine Staffel vermutlich zu Sieg. Den Plattenweg ins Tal nutze ich, um im Freihandmodus meinen Transponder am rechten Armgelenk festzumachen. Liebe Kinder, bitte nicht nachahmen. Dieses Mal läuft alles glatt in der Halfpipe, sodass wir gesund und munter die Höhenlinien den Hammergrund hinauf schneiden können. Vorher bekomme ich zum dritten Mal für heute denselben Ast in die Schnauze, obwohl ich mir jede Runde vornehme, genau diesen zu verfehlen das nächste Mal. Ein "Hoch" auf mein Kurzzeitgedächtnis. Doc spannt sich am Anstieg vorne ran und macht nicht langsam, im Gegenteil. Er muss sicher aufs Klo. Ich klemme mich ans Hinterrad, um bloß nicht den Anschluss zu verlieren. Oben auf der Kuppe verbottelt mich das letzte Mal mein kurzsichtiger, SES-geplagter Vadder – nach meinem Handzeichen, versteht sich. Dr. O ballert auch den Downhill zügig runter. Er hat sicher noch einen dringenden Termin heute. Unten angekommen, wird durchgezählt. Alle vier noch beieinander. Der Wadenbeißerberg, die Feldüberfahrt, das Waldstück und schließlich der Pferdekoppel-Downhill werden auch unfallfrei gemeistert, sodass der finale Zielcol wohl oder übel zum Ausscheidungsfahren werden wird. Schon wieder macht Doc die Pace, wir anderen bleiben mehr oder weniger dicht beieinander. Auf der flachen Wilhelm-Busch-Straße zieht unser Robodoc immer noch am Horn, keiner kann oder will vorbeifahren. Ein richtiges Straßenrennen und Windschattengelutsche. An den Garagen vorbei drückt Dr. O weiter aufs Gas und fährt geschickt und fair (!) Kampflinie. Keine Chance, da vorbeizukommen. Marco hat den Anschluss scheinbar etwas verloren, Mütze sehe ich nicht, weil recht klein und dadurch schwer ausmachbar. Die letzte Chance bietet jetzt nur noch die kurze Gerade am Sportplatz. Mit etwas mehr Schwung als Hot Doc rolle ich das Wiesensteilstück hinab und kann ihn noch überspurten, weil Kurbel und Kette meine schier unbändige Kraft auszuhalten vermögen. Es reicht somit immerhin für die Holzmedaille. Für die drei Herren da ganz vorn brauche ich deutlich mehr Freizeit fürs Training und so einige Lenze weniger auf der Habenseite.

Felix, der Sieger, borgt mir nach Zieleinfahrt seinen genialen Akku-Kärcher, womit das Schlangestehen am einzigen öffentlichen Kärcher flachfällt. Gut so, denn es ist arschkalt. Und danke, lieber Felix. Dass sich danach Leute an Felix‘ Privatkärcher anstellen, damit hätte ich jedoch auch nicht unbedingt gerechnet. Waldmeister Sascha unterbreitet mir etwas später, dass an meinem Auto die Alarmanlage losging und er missmutig beim vermeintlichen Fahrzeugklau beobachtet wurde. Sorry for that! Die Siegerehrungen gehen fix, aber mit deutlich abnehmender Zuschauerzahl über die Bühne. Es reicht nicht fürs Preisgeld, für ein Paar Radsocken dagegen schon. Meinen rechten Schuh hat’s im vermutlich letzten Saisonrennen auch zerlegt. Da weiß ich ja, was ich mir zu Weihnachten wünsche.

Schaun mer mal, was nächste Saison so wird und ob ich mich fürs dann 21. Jahr MTB-Spocht noch begeistern kann. Das Alter, die Motivation, die Gelenke, der Hintern, die Augen, die Ohren, der Darm …
Cyclocross ist gar nichts für mich, sodass ich mich jetzt erst mal wieder ein halbes Jahr aus der Öffentlichkeit zurückziehe, mit meinen zwei, manchmal drei Katzen schmuse und hoffentlich gut und mit nicht allzu dicker Wampe über den ungeliebten Winter komme.

Erst die Rechte. Dann die Linke. Beide machen winke, winke. Haltet die Ohren steif!

Ergebnisse: hier.

(c) by SW Fotografie


2 Kommentare:

stunni hat gesagt…

Nochmal ein interessanter Bericht zum Saisonende !!! Danke dir Guido, selten so geschmunzelt wegen dem Armband ;)

Tilo hat gesagt…

Danke für den - wie immmer - sehr unterhaltsamen Rennbericht!
Wünsche gutes (fettarmes) Überwintern! Und hoffe, wir sehen uns 2017 gesund & munter auf den Rennstrecken - dann hoffentlich nicht nur beim Überrunden .-)
Viele Grüße
Tilo