Wieder ist die Nacht recht kurz, dieses Mal dank Kitty, der
frechen Urlaubskatze. Ohropax verhindert Schlimmeres. Die graue Suppe draußen
geht derweil aufs Gemüt. Regnet gar nicht mal so wenig. Es ist jedoch das
letzte Rennen, es ist bezahlt, also ab nach Adelsberg zum Freischwimmen. Die
Verbottlung übernimmt heuer die leibliche Modder, unterstützt vom leiblichen
Vadder, der der leiblichen Modder den Schirm hält, während sie ihrem leiblichen
Sohn die Flasche darbietet.
Wider den üblichen Zu-spät-am-Start-Erscheinen
schaffe ich es heute, zwei Minuten vor dem offiziellen Go anzutanzen.
Warmgefahren bin ich nicht wirklich, dafür nassgefahren. Und die Kurbel glänzt
schön, meint Rouleur Andreas Hennig. Recht hat er. Liegt aber daran, dass ich
dieselbe beim Abfahren der Strecke drei Tage vorher etwas zu hart drangenommen
habe und ausbauen musste. Die Vorderbremse funktioniert auch nicht richtig –
ein Kolben ist fest –, doch aufgrund des miesen Wetters habe ich den Defekt gar
nicht erst behoben. Bremsen wird eh überbewertet und zur Not reicht der andere
Kolben.
Hinter dem Führungsfahrzeug sammle ich die ersten
Führungsmeter für heute. Und die letzten. Am ersten Anstieg offenbart sich das
heutige Dilemma: Die Keulen wollen ganz und gar nicht. Was im Training
funktioniert, muss im Rennen nicht unbedingt klappen. Das zieht sich wie ein
roter Faden durch die ganze bescheidene Saison. Die Ursache ist klar; um sie zu
beheben, müsste ich den Job wechseln. Das mache ich freilich nicht, denn meine
Prioritäten gelten nicht dem Radspocht. Ich versuche, das Beste draus zu
machen, und ich hoffe bereits jetzt schon auf Runde zwei und drei. Vorher geht
es aber wie jedes Jahr in den ausgefahrenen Hohlweg, den Höhenweg entlang,
runter ins Tal und den steilen Gegenanstieg hinauf Richtung Verpflegung.
Spätestens hier habe ich den Kontakt zur Spitze verloren und dümple so vor mich
hin. "De Modder" verbottelt mich das erste Mal. Vadder hält den
Schirm. Den Berg runter und wieder hoch, die Koppelwiese runter, ab durch die
Gärten, den Fußweg wieder hoch, und schon ist Runde eins Geschichte. Besondere
Vorkommnisse: keine.
Runde zwei beginnt nach üblen 52 Minuten. Uwe
Müller schließt zu mir auf und wird zum ständigen Begleiter. Die Bedingungen
sind immer noch grottig, und die Tatzen werden kalt. Zwar kann ich ein, zwei
Leutchen überholen, aber die Drehzahl passt hinten und vorne nicht.
Kontrolliertes Halbgas bergab wie bergauf. Wenigstens ist "de Modder"
in Toppform und verbottelt mich oben im Wald kurz vor der Verpflegung zum
zweiten Mal. Vadder hält ihr noch immer den Schirm. Leider macht der eine oder
andere Kurzrundler bergab Stehversuche, sodass es zu nicht ganz ungefährlichen
Situationen kommt, wo man heute tatsächlich mal an der Bremse ziehen muss. Dazu
kommt, dass man als Träger von Kontaktlinsen bergab kaum noch was erkennen kann
vor lauter Dreck. Ich fahre jetzt regelmäßig mit einem offenen und einem
geschlossenen Auge. Suboptimal fürs räumliche Sehen, aber dadurch habe ich
immer ein Backup. Freilich ist man als Zyklop echt am Arsch, aber heute fuhr
keiner mit, glaube ich.
In Runde drei ist der Boden noch tiefer als
bisher. Wir müssen nun hier und da etwas behutsamer machen als eh schon.
Ärgerlich ist die Tatsache, dass stets an den engsten oder schwierigsten
Stellen die meisten Biker zu überholen sind. Das kostet Extrakörner, weil wir
teilweise direkt durchs Gebüsch oder über den Acker fahren müssen, um
vorbeizukommen. "De Modder" überreicht mir, während mein Vadder ihr
den Schirm hält, meine letzte Flasche, mit der es ins Tal geht und wieder
hinauf. Mein Getriebe klingt inzwischen wie ein Eimer Schrauben, hält aber auf
wundersame Weise wie das gesamte Rad durch. Kurz vorm Überqueren des Adelsbergs
deckt es mich in einer schlammigen Linkskurve dann doch noch mal ab. Uwe Müller
kann das nutzen und sich vom Acker machen. Beim Nachsetzen kommen mir an den
schnellen Engstellen besonders bergab wieder andere Fahrer dazwischen, was den
Abstand zu Uwe leider nicht kleiner werden lässt, im Gegenteil. Am
Schlussanstieg kann ich zwar noch Jonas Hummel überholen, der mit einem festen
Bremskolben nicht mehr wirklich vorwärts kommt, aber zu mehr als Platz sieben
reicht es heute nicht. Damit ist meine 21. Saison Geschichte.
Nach dem Rennen wird die Enttäuschung etwas
gelindert durch Diddis Knoppers-Waffeln samt Eierlikör als auch durch Sandra
Kaisers Sektspende. Gracias! Lieben Dank auch an Diana Fink und Maika „macht
das Würstchen“ Schumann für die schicken Schlammfotos – und an Herrn Hennig,
dem heute echt die Cheise am Huf bzw. Reifen und am VW Caddy klebte, für die
echten Männergespräche. Der Geburtsname meiner Modder ist übrigens auch Hennig.
Das muss ein Zeichen sein!
Weil ich mich für Cross weder begeistern noch
motivieren kann und auch gar kein Rad dafür habe, krieche ich nun in meine Höhle zurück und komme im April
vielleicht wieder raus. Aber nur, wenn die Sonne scheint, Lust plus Zeit
vorhanden und Kopf frei sind für ein weiteres Jahr Schinderei. Ansonsten
schlafe ich durch.
Gute Nacht!
Ergebnisse: hier.