Es ist Sonntagmorgen, 3.15 Uhr, und ich
habe was Pelziges im Gesicht. Juhu, Coco latscht gerade über mein Gesicht. Um
5.15 Uhr wecken mich Scharrgeräusche. Juhu, Coco hat soeben mein Schubfach geöffnet
und die Socken im halben Schlafzimmer verteilt. Um 7.45 Uhr klingelt der
Wecker, und ich wache völlig breit auf, während Coco in aller Ruhe schläft und
schnarcht. Toll. Da hilft nur ein starker Kaffee. Um neun holt mich Sandra Kaiser,
die Nicht-Versicherungsmaklerin, die nicht aus Hamburg oder Mannheim stammt,
ab.
Nach ein paar Umleitungen landen wir mit
dem VW Caddy in Markersbach und staunen nicht schlecht, weil alle Parkplätze voll
sind und wir unten an der Kaverne parken müssen.
Der Start ist um elf. In der ersten
Steilkurve gibt’s schon den ersten Crash. Felix Fritzsch schmiert direkt vor
mir weg, ich fahre außen herum. Sehr glitschig. Zum Oberbecken hoch ist das
Tempo noch relativ human, auch bergab auf Schotter lassen wir es kontrolliert
rollen. Mit Starrgabel und Intermediate-Reifen geht das Ganze aber noch gut zu
fahren. An fünfter Position liegend komme ich am Ephraimhaus im Tal an und kann
den kleinen Anstieg Richtung Friedrichbachweg vorne in der Spitzengruppe
mitradeln. Das Tempodiktat von Teamkollegen Immanuel „FKJ“ Stark allerdings ist
ganz schön aua.
Der Veranstalter hat dieses Jahr das
KERS-System ab dem Anstieg Friedrichbachweg freigegeben. Quasi simultan zünden fünf
Leute – beide FKs, Waldi, Felix, Güldi – ihr KERS gleich zu Beginn des
Anstieges und können sich absetzen. Blöd ist, dass mein KERS aufgrund eines
technischen Defekts nur gut 100 m reicht, das der beiden Flaschenkläue läuft
noch. Das KERS von Felix gibt nach 300 m den Geist auf, das der Flaschenkläue
läuft noch. Des Waldmeisters KERS quittiert nach immerhin 500 m seinen Dienst,
das der Flaschenkläue läuft noch immer – und hält bis ins Ziel an. Die zwei
haben einen sehr guten Mechatroniker, denke ich mir. Okay, beide FKs vorne sind
weg, dahinter Waldi, dahinter der 60-km-Felix, dahinter der Güldi, dahinter eine
größere Gruppe mit David Seidel, Sebastian Golz, Bret Janschneider, Benjamin
Michael und Rico Leistner. Zentimeterweise sauge ich mich an Felix ran, doch er
erreicht blöderweise Sascha. Zu zweit erhöhen sie etwas das Tempo, vermute ich,
da ich selbst nicht langsamer werde, jedoch der Abstand nicht kleiner wird.
Cheise. Mit Zwischengasschüben und dem wiederholten Klatschen mit der Hand
gegen meinen Helm, was mein KERS normalerweise auslöst, versuche ich, an beide
heranzukommen, schaffe es aber leider nicht bis zum Flachstück. Ich hänge
zwischen den Gruppen als Solokünstler fest. Oben angekommen auf dem flachen Asphaltstück
der sog. Rittersgrüner Flößbahn, treffe ich letztendlich die richtige
Entscheidung und lasse die Vierergruppe hinter mir zu mir aufschließen. Bret
Janschneider hat sich zur Gruppe inzwischen einige Meter Rückstand
eingehandelt. Zu fünft ist die Wahrscheinlichkeit größer, Felix und Sascha
einzuholen und dennoch Kraft zu sparen auf dieser Straßenrunde. Nach zwei Asphaltrampen ist es dann auf dem Altpöhlaer Flügel soweit, und ich rolle an
das orangefarbene Duo heran.
Zu siebt geht’s mal recht gemütlich, mal
zügig bis aufs Plateau des Col de Fichtel und mit 80 Sachen wieder hinab. Mit
einer Übersetzung von 38/11 macht das nicht wirklich Spaß und mir geht ständig
durch den Kopf: „Hör‘ jetzt bloß nicht auf zu leiern, auch wenn es schadet
deinen … Reifen.“ Erst am ersten Gegenanstieg auf dem Prinzenweg zuckt bei Prinz
Waldi die Wade, und er gibt Zwischengas. Ich kann dranbleiben, habe aber
Traktionsprobleme auf dem feuchten Asphalt, denn mein Hinterrad dreht ab und zu
durch im Wiegetritt. Das ist sicher pure Kraft und nicht das feine Moos auf der
Straße. Rico Leistner und Sebastian Golz müssen kurz reißen lassen, rollen aber
in der folgenden Abfahrt wieder auf. Drei Kilometer geht es sehr gemütlich auf
Schotter weiter, bevor der zweite Gegenanstieg auf der Bergstraße folgt – der letzte
vorm Col de Ziel. Gleich am Fuße des Anstiegs steigt 60-km-Felix aufs Gas und
reißt die Gruppe etwas auseinander. Ich passe auf und bleibe dran, Waldi, David
und Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael auch. Felix merkt, dass er
nicht wegkommt und nimmt wieder raus, sodass Rico und Sebastian wieder
heranfahren können. Sebastian fährt gleich mal durch unsere Gruppe hindurch, übernimmt
die Spitze und drückt solide aufs Tempo. Am Ende des Cols attackiert Felix vom
Hinterrad seines Teamkollegen Sebastian aufs Neue, der Bösewicht, doch ich
klebe ihm direkt am Heck, sodass er schon wieder nicht wegkommt und sich
beschwert bei mir. Also muss Platz drei am Schlussanstieg ausgefochten werden,
denn es ist absolut flach auf den letzten Kilometern.
An Position vier gehe ich in den ersten
kurzen Anstieg zum Parkplatz, während vorne Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin
Michael gut Gas gibt. Hinter mir scherbelt es, doch ich habe keine Ahnung, wer
dort wem reingefahren oder gestürzt ist. Ist mir jetzt egal, denn wir haben
alle das Messer zwischen den Zähnen. Ich dresche mir wieder gegen den Kopf, doch
das KERS war ja im A… Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael sprintet als
Erster in den finalen Plattenanstieg, geht allerdings recht schnell blau, Waldi
übernimmt sogleich das Zepter, Felix folgt ihm am Hinterrad. Ich bleibe noch
sitzen und gucke mir das Ganze von hinten an, denn der Hügel tut oben erst
richtig weh. Waldi gibt jetzt Vollgas, Felix auch. Nun will ich dann auch mal
mitmachen, dünkt es mich, drücke drauf, bin erfreut, dass die Kette nicht
reißt, und rolle zu meinem Erstaunen recht zügig an beiden Nachwuchsheizern
vorbei, um mit komfortablen Vorsprung als Gesamtdritter hinter Immanuel und Sebastian Stark das Ziel zu erreichen.
Damit stehen drei TBR’ler auf dem Podest. Felix wird noch Vierter, Benjamin
bzw. Michael bzw. Benjamin Michael Fünfter, Waldi Sechster, David, Rico und Sebastian
folgen. Die FKs haben stolze fünf Minuten auf uns rausgefahren mit ihrem
KERS-System. Okay, wir sieben Leute haben manchmal mächtig gebummelt, aber die
Zeit der beiden Starks ist stark – mit 1:32 h ein neuer Streckenrekord.
Die Damenwertung entscheidet unsere
Laura ebenfalls mit neuem Streckenrekord für sich, dahinter folgen die Damen Wolf
und Kaiser. Teamkollege Pitt „Pitt Brett“ Götze kommt als 37. durch den
Zielbogen gerollert.
Im Ziel schimpft mich sogleich Bärbel
Heinke, die Modder des Waldmeisters, aus, weil ich ihren Sohn überholt habe,
während ich der knuffigen Susann Komplimente mache. Anschließend rolle ich mich
mit Waldi und Oliver „Nr. 127“ Stahn aus, warte auf Nicht-Versicherungsmaklerin
Sandra Kaiser, gehe mit ihr duschen – getrennt, versteht sich – und
anschließend zum Nudelfuttern. FK vertilgt seine obligatorische Bratwurst, und
unser Team vernichtet binnen weniger Minuten 300 g Haribos, die sicher von der
Oma der FKs stammen. Die Siegerehrung zieht sich etwas hin, dafür sind die
Preise wirklich brauchbar. Anschließend geht's wieder mit Sandra und ihrem Caddy zurück nach Chemnitz.
Wie immer war’s eine sehr schöne, fein organisierte
Veranstaltung für einen guten Zweck, die Lust auf 2015 macht: dann in der AK
Senioren II. Auweia.