Im Gegensatz zu meinen Mitstreitern wie
Dr. O, Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael oder Ronald „Roland“ Kunz stehe
ich mit kreidebleichen Beinen am Start – woher soll auch die Bräune kommen? Es
ist mein erstes Rennen dieses Jahr, und intensives Training war bisher eher
Wunschdenken. Da ich keine Verbottler habe, muss ich mir am Rundenabzweig eine
geeignete Standfläche fürs Körbchen suchen und beten, dass niemand die Flaschen
klaut. Blöd nur, dass dann der Rundenabzweig 20 m weiter hinten ist als
angenommen, sodass der Speed am Flaschenkorb durchaus noch als hoch einzustufen
ist. Ergebnis: Ich muss bei jeder Rundendurchfahrt gehörig den Anker werfen.
Das soll sich schon bald rächen.
Es geht recht gemütlich los, erst etwas
später an den kurzen Rampen im „Wald“ dezimiert sich die Gruppe auf sechs, später
nur noch fünf Mann. Das Tempo ist erträglich. Zu erträglich für einen Tschechen
namens Petr Jezek, der nach vorne rausfährt, nachdem sich Benjamin bzw. Michael
bzw. Benjamin Michael vergeblich daran versucht. Wir beschließen, den Tschechen
verhungern zu lassen. In der Einfahrt zur Rampe rumst es gewaltig neben mir.
Das Hinterrad von Dr. O löst sich aus der Halterung und verbiegt beim Antreten seine
Bremsscheibe. Ein Weiterfahren ist nicht mehr möglich. Da sind’s nur noch vier:
der Tscheche ein paar Meter vor Benni, Roland und mir.
Zur Rundendurchfahrt werde ich von mir
selbst verbottelt. Ich staune nicht schlecht, als der Abzweig nun doch etwas
weiter hinten ist als angenommen. Ergo muss ich recht behutsam nach rechts an
mein Körbchen ranfahren und die Flasche tauschen. Aber ich fahre mit Vollgas an
mein Körbchen ran, verfehle dasselbe, reiße es runter, kann aber noch geradeso
eine neue Flasche erhaschen. Dankenswerterweise stellt ein Zuschauer mein
Körbchen wieder korrekt hin. Das Ergebnis dieser Aktion: Roland und Benjamin
sind einige Meter weg. An Roland drücke ich mich wieder ran, doch Benni fährt
dasselbe Tempo wie ich und kann etwas später zum Tschechen aufschließen. Ganz
schlecht. Zu zweit kurbeln beide solide durch die Pampa, ich mühe mich redlich,
ranzufahren. Im Gelände und den Rampen komme ich etwas näher, doch auf den
langen Geraden kämpft der Zwerg gegen Windmühlen. Ich lasse Roland wieder an mein
Hinterrad herankommen, um zu zweit die Chancen zu erhöhen, die beiden zu
erwischen. Auch das klappt nicht. Roland fliegt etwas später leider aus meinem
Windschatten raus, sodass ich nun die Verfolgung alleine stemmen muss. Doch der
Abstand wird immer größer. Okay, also Platz drei absichern. Geht eh‘ noch nicht
wirklich gut heute.
Beim Flaschenwechsel zur dritten Runde bremse
ich diesmal in den Stand ab, um kein weiteres Unheil anzurichten. Das klappt
mit etwas Zeitverlust ausgezeichnet. Die Beine allerdings fühlen sich nicht
mehr so toll an. Rennhärte kennen sie noch nicht. Ich schalte meinen Tempomat
von gefühlt schnell auf zügig und fahre kontrolliert die dritte Runde gänzlich
alleine. Schön langweilig. Da gehen einem Dinge durch den Kopf, auweia: „Der
Tscheche da vorne könnte mein Sohn sein vom Alter her, oder? Schaltet die neue XTR
auch bei anderen so besch… und rasselt auf den unteren Ritzeln? Warum federt
meine Gabel im Wiegetritt ein trotz Lockout? Wann deckt Kater Cooper endlich
Katze Coco? Warum mache ich das hier eigentlich?“ Fragen über Fragen.
Runde vier beginnt erneut mit einem
geglückten Verbottlungsmanöver, Krämpfe habe ich heute keine, aber die Beine fühlen sich inzwischen an wie
Pudding. Kurz vor der Halde bemerke ich, dass Roland etwas näher kommt auf den
Flachstücken. Ich schalte meinen Tempomaten von zügig auf gefühlt schnell.
Roland ist wieder außer Sichtweite. Die letzten Rampen schmerzen zwar, aber ich
komme als Dritter hinter Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael und Petr
Jezek im Ziel an. Dort geht’s mir nach 70 km Solofahrt erst mal nicht so
prickelnd, doch nach einiger Zeit habe ich auch das im Griff.
Jetzt heißt es, weiter Rennkilometer zu sammeln
und vor allem gänzlich zu gesunden. Meine persönlichen 100% sind leider noch
ein Stück weit entfernt. Noch …
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