Vergangenes Weekend ging’s für den Großteil des Teams und
für Sascha, den Waldmeister, zum Malevil-Cup nach Tschechien und der EM, die
dort auch noch ausgetragen wurde.
Waldi holte mich mit seinem Passat-Raumwunder ab, und obwohl
wir nur zu zweit hindüsen wollten, war der Beifahrersitz besetzt. Saß dort doch
jemand mit kurzgeschorenem Schädel, weil die Mama die falsche Klingenweite
eingestellt hatte am Schergerät. Es war Immanuel Stark, der kleine Flaschenklau,
der kurzfristig mit ins „Boot“ rückte. Seine neue Frisur nahm er für sein
junges Alter sehr männlich und argumentierte gleich die Vorteile derselben in einem Rechtfertigungsmonolog.
Nach einigen Umleitungen und mobilen Rentnerverkehrsblockaden
kamen wir 16 Uhr an der Ferienwohnung in Oybin an, luden ab und fuhren fix
rüber nach Tschechien, wo wir mit den anderen Heizern des Teams, Sebastian (FK)
und Bastian (HDW) nebst Tessa und Florentine, verabredet waren. Die Anmeldung
zog sich etwas hin, da sich FK kurzfristig entschloss, das Rennen über die 65
km mitzufahren, und FKJ zu jung war, um die 65 km fahren zu dürfen. Also
mussten sich beide Flaschenkläue um- bzw. anmelden – in Tschechien eine echte
Herausforderung. Nach einer Stunde war dann alles in trockenen Tüchern, na ja,
fast, denn es begann zu gewittern. Der Passat stand etwas abseits, sodass ein
Sprint zu Fuß über den dortigen Golfplatz gleich zur Vorbelastung genutzt wurde.
Klarer Sieger: der Flaschenklau samt einer Schüssel Nudeln in der Hand vor
seinem Bruder und mir altem Mann.
Mit dem Passat durften wir mittels einer Notlüge bei den
tschechischen Einweisern nun direkt an die Malevil-Ranch heran, wo abschließend
noch die Verbottelungstaktik für die Teams TBR-biEHLER und Firebike-Drössiger
(Waldi und Birgit Söllner) bequatscht wurde. Güldi selber hatte dafür keine
Augen und Ohren, da auf der Hauptbühne soeben eine Bade- und Dessous-Modenschau
begonnen hatte. Waldi wollte auch schlunzen, doch die Birgit ließ ihn nicht, es
ging ja um die Flaschenübergabe zur EM. Armer Waldi, du hast echt was verpasst.
Die vier Models waren … ui, ui, ui.
Abend’s ging’s zurück in die FeWo, um noch fix was zu essen
und Fußball zu schauen. Dort gab’s auch einen zweistöckigen Karnickelstall – oben
das Karnickel, unten zwei Meerschweine. Dem Karnickel oben streichelte ich ein
wenig über die Nase, um mich anschließend ca. 10 s wegzudrehen und mich danach
wieder dem Karnickel zu widmen. Ich staunte nicht schlecht, als es auf einmal
unten bei den Meerschweinchen saß. Häh? Bin ich jetzt völlig meschugge? Und meine
Medizin hatte ich auch nicht dabei. Da hat der Konstrukteur doch tatsächlich eine
Rampe ganz rechts und fast unsichtbar in den Stall reingezimmert, auf der das
Karnickel nach unten zu den Meersäuen wandern konnte. Wenn da mal nichts
Exotisches rauskommt, wenn der Rammler seinem Namen alle Ehre macht … Saustark.
Die Nacht im Doppelbett – oder besser: Doppelhängematte –
verbrachte ich diesmal mit Waldi, da ja Laura Hoffmüller und auch die knuffige
Susann leider nicht dabei waren. Aber auch Sascha machte nachts keine
Geräusche, einzig einen Lachkrampf bekam er, als ich Husten und gleichzeitig meinen
obligatorischen Schluckauf bekam. Dem Flaschenklau nebenan wurde das zu bunt,
sodass er sich durch lautes Pochen an der Wand bemerkbar machte und uns zur
Ruhe mahnte. Ich machte daraufhin meine Ohrstöpsel rein und hörte des Nachts
nicht mal mehr das Gewitter, das ordentlich Regen brachte.
Um 6 Uhr wurde geweckt, sich über die massiv unterdimensionierte
Latrine geärgert, gefrühstückt und abgefahren nach Tschechien zum Start. Waldi
fuhr die EM, ich selber traute mich vor lauter Ehrfurcht nicht, sie auch zu
fahren, da ich auf der Startliste der zweitälteste(!) Fahrer gewesen wäre. Schande
über mich. Ich fuhr also dieselbe Strecke in der Kategorie A-Muschis (A für 105
km und Muschis: tschechisch für Männer). Im Plan standen dabei knapp 2900
Höhenmeter. Gar nicht mal so wenig für ein Mittelgebirge.
Da HDW und ich nicht zu den Favoriten zählten, wurden wir
ans Ende des 400(!) Fahrer zählenden Starterfeldes auf den 105 km gestellt. Das
ließ ich mir nicht gefallen, fragte den Renn-Kommissar auf Englisch, wieso das
so sei, doch er blieb hart. Einzig einem deutschen Fahrer, der uns beide kannte,
ist es zu verdanken, dass wir wenigstens in die erste Reihe des zweiten Blocks
durften. Besten Dank an Thomas Peschke! Los ging’s zügig, aber nicht zu schnell. HDW hatte heute
sehr gute Beine und bestimmte das Tempo der Spitzengruppe, in der sich viele
Tschechen, ein Brite und drei Deutsche befanden: HDW, Torsten „Mütze“ Mützlitz
und der Güldi. Bis Kilometer 30 blieb die Spitzengruppe einigermaßen zusammen,
erst im zweiten heftigeren Anstieg trennte sich die Spreu vom Weizen. Ich
gehörte wie meistens zur Spreu. Ich fuhr schon an der Schwelle, und das Rennen war noch sehr
lang und steil. Also bin ich zunächst lieber mal defensiv gefahren. HDW dagegen zog auf und davon mit drei, vier anderen Bikern, u. a. mit
Mütze, der zurzeit richtig Zug auf der Kette hat.
Zur mir gesellten sich zwei Tschechen, und zu dritt befanden
wir uns in der Verfolgung der Gruppe um HDW und Co. Das Rennen zog sich hier im
Sägezahnprofil auf und ab, und nach und nach holten wir einige Leute der Gruppe
vor uns wieder ein, darunter auch Wauschi. Doch kurz vor dem Zusammenschluss
fiel mir die Kette übers große Blatt und wickelte sich zweimal um die Kurbel. Nichts
ging mehr. So eine Cheise. Ich musste runter vom Bock und versuchte, die Kette mit
roher Gewalt zu befreien. HDW und meine anderen Begleiter fuhren auf und davon,
und von hinten überholten mich wieder einige Nachzügler. Die Kette hatte ich
dann irgendwann rausbekommen, doch mein Umwerfer war leider verbogen, was sich
kurz darauf im Uphill herausstellte. Die Kette schleifte gar fürchterlich, aber
ich fuhr erst mal weiter. Nach einigen Minuten hatte ich die Schnauze voll und
versuchte, den Umwerfer beim Fahren mit der Hand wieder gerade zu biegen, was
völlig misslang. Um ein Haar hätte ich meine Hand geschreddert. Bin ich halt weitergefahren mit Geräuschkulisse.
Nach ca. 55 Kilometern kamen meine ehemalige Gruppe und HDW im
schweren Anstieg bei Oybin wieder in Sichtweite. Florentine übergab vorne ihrem
Bastian die Flaschen, kurz danach mir. Am Ende des ersten Anstieges hatte ich
die Gruppe endlich gestellt und teilweise überholt, nur HDW fuhr noch vor mir.
An einer heiklen Stelle mit Felstreppen versteuerte sich HDW dann etwas, sein
Vorderrad tauchte zu tief ein, sein Hinterrad hob in Zeitlupe ab, und er ging
in einem Salto über den Lenker zu Boden und knallte auf die Felsen – über ihm
lag sein Rad. Blöderweise befand ich mich zu diesem Zeitpunkt nur 3 m hinter
ihm, konnte nicht mehr komplett um ihn herumsteuern, da es wirklich steil war,
blieb hängen und stieg meinerseits über den Lenker ab. Blöd war, dass ich
direkt auf sein Bike knallte und sich einige Teile am Rad verbogen. HDW war
davon nicht begeistert und etwas angefressen – nach dem Rennen nahm er es aber
locker und gab mir keine Schuld, der Gute. Wir rappelten uns beide auf,
checkten unsere Bikes und stellten fest, dass einiges im Argen war. Mein
Umwerfer war nun richtig krumm, bei Wauschi war’s der Lenker. Wieder mit roher
Gewalt bog ich diesmal den Umwerfer richtig gerade, sodass ich später
vernünftig schalten und ohne das nervige Schleifen fahren konnte. Meine Fahrt ging
nach zwei Minuten weiter, HDW benötige etwas länger. Wo Güldi hinfällt, wächst eben
kein Gras mehr …
Es ging jetzt den endlosen Anstieg zum Hochwald hinauf,
teilweise zu Fuß aufgrund des schlammigen Untergrundes. Oben war ich erst mal breit,
stellte nebenbei fest, dass mein Lenker auch schön schief war, doch
verschnaufen ging nicht, da nun die berüchtigte Abfahrt nach Oybin nahte. Die
war wirklich nicht ohne und sehr ruppig. Wenn man hier zu schnell
fährt, dann zerbröseln die Knochen, und zwar richtig. Ein Schleicher allerdings
blieb mir hier zu allem Übel leider nicht erspart, diesmal am Vorderrad. Das konnte
ja noch was werden auf den letzten 40 km …
Ab Kilometer 65 sprang nun mein Motor brauchbar an, und ich
holte einige EM-Starter, die 30 min vor uns gestartet waren, und auch Leute
meiner eigenen Kategorie ein. Ein Rumäne fragte mich, wie weit es noch bis ins Ziel
sei. Als ich ihm in Englisch erwiderte, es seien noch 30 km, war er völlig bedient.
Der war noch kleiner als ich, hihi. Auch die Deutsche Meisterin im Marathon und seit dem
Wochenende auch im Sprint, Elisabeth Brandau,
kam mir an dieser Stelle entgegen, da sie das Rennen dort aufgab.
Und schon erhob sich die nächste Wand vor mir – ein besch…
Anstieg auf schlammigem Wiesenuntergrund, der oben in einen Singletrail mündete, der wirklich blöd zu fahren war. Mein A… tat mir hier schon ordentlich weh,
aber da musste ich durch. Die Luft im Vorderrad war bedenklich gewichen, doch
ich hatte keinen Bock mehr, wieder abzusteigen, da ich vorher bereits meinen
zweiten Kettenklemmer beheben musste. Dennoch holte ich noch ein paar Fahrer
ein, ging behutsam in die letzten knackigen Downhills, da der Reifen schon
durchschlug vorne, machte bergauf noch mal Druck und hätte um ein Haar noch einen
weiteren Konkurrenten an der letzten Rampe gestellt, die ich, weil’s so schön
war, noch mal mit dem 44er Blatt hochdrückte. Ich bekam ihn nicht mehr ganz,
den Tschechen. Mist großer. Im Ziel kam ich schließlich als 8. der
Gesamtwertung an mit einer dennoch respektablen Zeit trotz der unplanmäßigen
Zwischenstopps. Ein Podestplatz bei den Ü30-Muschis wäre wirklich realistisch
gewesen, der Gesamtzweite ist auch nur 6,5 min weg, und bei der EM wäre ich
auch nicht Letzter geworden. Also mal wieder Pech gehabt. Doch das Wichtigste:
Alle TBR’ler und auch Sascha sind heil auf ihren Strecken durchgekommen, was
bei der heftigen Streckenführung nicht unbedingt so hätte sein müssen. Auch HDW
kam nur wenige Minuten nach mir ins Ziel. Wirklich stark gefahren heute, unser
Windelmann. FK wurde Gesamtvierter auf der 65-km-Distanz, weil ihm drei
Tschechen vom selben Team um die Ohren fuhren. FKJ erreichte Platz 2 auf den 40
km, weil er leider falsch geleitet wurde. Den 1. Platz in seiner AK gewann er
aber haushoch. Einen seiner Preise – 400 g Toblerone des Hauptsponsors –
spendete er dem Team. Besten Dank, war sau lecker!
Und am Ende eines soliden Tages wurde ich doch tatsächlich von
Elisabeth Brandau angesprochen; sie wünschte uns einen guten Heimweg – aus
heiterem Himmel. Grandios.
Mit etwas Glück stehe ich nächste Woche auf einer der drei
Mad-East-Etappen mit einem neuen 29er am Start. Mal gucken, wie das rockt. Bis
dahin keine Kettenklemmer!
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