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Mittwoch, 10. August 2016

24. EBM in Seiffen am 07.08.2016

Ganze sechs Wochen sind vergangen seit meinem letzten Renneinsatz bei der MEC 500. Nein, keine Schwangerschaft, sondern selbstverschuldete Zwangspause. Lasst bitte die Finger von sieben Tage alten Spaghetti und Bratwurst, auch wenn sie im Kühlschrank stehen und noch so lecker schmecken. 

Erst am Morgen nach dem Weckerklingeln 5.30 Uhr entscheide ich mich, ins Gebirge zu düsen. Mir ist heute nicht schwindelig, und der Magen verhält sich ruhig. Dass ich gleich die 100 km aus der Kalten fahre, grenzt zwar an Größenwahn, aber mit zunehmender Streckenlänge sollte ich mich doch wieder einrollen, denke ich mir. Außerdem bezahle ich somit für jeden gefahrenen Kilometer nur 40 Cent. Auf der Kurzstrecke wäre es 1 Euro pro Kilometer. Die Anreise nach Seiffen verläuft im Economy-Modus gesittet und unspektakulär, die Startunterlagen sind fix besorgt, die Trinkflaschen verteilt und die Steilabfahrt noch zweimal unter die Pneus genommen. Mit dem Fully alles entspannt und fahrbar. Als quasi Letzter rolle ich in die Startaufstellung des Race-Blocks und stehe wie letztes Jahr ganz hinten dran. Macht aber nix, gewinnen werde ich heute sicher nicht.

Über den neutralisierten Start die Alp de Wettin herunter kann man streiten; ich mag das Geschleiche da hinab gar nicht, weil man, sofern man Ambitionen hat, echt Zeit nach vorne verliert, die man in meiner Verfassung nicht ohne Weiteres wettmachen kann, schon gar nicht auf den sich anschließenden Asphaltgeraden. Irgendwann entzerrt sich das Feld nach dem ersten Anstieg die Alp hinauf dann aber doch noch. Ich befinde mich hier schon ziemlich weit hinten, bin aber inzwischen erste Dame im Feld. Das Fully rollt solide über die ruppigen Abschnitte im ersten Streckenteil, und irgendwann pegelt sich mein noch relativ defensives Tempo in einem brauchbaren Watt-Bereich ein. Zumindest denke ich mir das so. Meinen Watt-Messer habe ich im Kopf. Das einzige nennenswerte Problem in Runde 1 habe ich ausgerechnet in der Steilabfahrt. Jüngling Rico Leistner verliert vor mir ein wenig die Ideallinie, ich komme selbst aus dem Rhythmus und klicke unverhofft und spontan aus. Der Sturz bleibt mir erspart, aber ehe ich wieder vernünftig auf dem Hobel sitze, ist Winter. Steffi, die MdFK, verbottelt mich im Seiffener Grund, was den Start in den zweiten Rundenabschnitt einläutet. Die zweite technische Abfahrt für „Nicht-Chickens“ wurde deutlich entschärft, sodass man ohne Not da hindurch kommt. Die Alp empor verbottelt mich Laura Hoffmüllers Schwester, und ich staune nicht schlecht, als ich Richtung Schule abbiege und mir die Spitze der 100-km-Schleife gegenüber entgegen kommt. Das sind höchstens fünf Minuten. Rollt. Auf geht’s in Runde 2. 

Na ja, beinahe. Irgendwie verliere ich die Orientierung, was ganz ohne Zweifel meinem fortgeschrittenen Alter geschuldet ist. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass die Strecke exakt durch einen Streckenposten hindurch, durch das Absperrband, quer über das Massenstartgelände, hinter einem Begrenzungszaun mit vorgelagertem Wiesensteilstück verläuft, wo man paar Meter unterhalb des Gel-Drops wieder rauskommt. Lieber Streckenposten, sorry für das Absperrband, und geiler Hechtsprung! Durch diese Aktion büße ich zum Glück nur drei Plätze ein. Die Strafe folgt auf dem Fuße. Denn ich verliere Leistung. Zumindest denke ich mir das so. Meinen Watt-Messer habe ich immer noch im Kopf. Der Puls geht langsam, aber sicher nach unten, und ich habe Mühe, mein Grüppchen zu halten. Für einen Einbruch ist es aber doch noch viel zu früh? Grübel, denk', fluch', kotz' … nüscht hilft hier. Da kommt auch schon Lokomotive Matej Meyer from behind und wagt es, mich zu überholen und mich aus den Top Ten zu verdrängen. Soll er doch, wird schon sehen, was er davon hat. Kaum ist er vorbei, entweicht ihm ein lauter Schrei. Hui, was’n da los? Brunftzeit ist doch erst im Herbst? Sieht mir schwer nach Tourette-Syndrom aus. Nach dem Rennen frage ich ihn, was er für Medikamente nimmt, die solche Nebenwirkungen haben. Er meint, er war euphorisiert und musste einfach mal laut schreien. Tja, die einen schreien beim ..., die anderen beim Radeln. Mein Puls schwingt sich inzwischen im soliden GA2-Bereich ein. Super Sache bei noch rund fünfzig zu fahrenden Kilometern. Von hinten rollen mich noch zwei Heizer auf und verbannen mich auf Rang 13. Dafür funktioniert die Steilabfahrt dieses Mal ohne Probleme. Geschickt greife ich die Bottle von MdFK Steffi. Bergauf läuft nicht mehr allzu viel, bergab kann ich mich nicht beklagen, ist es doch die einzige Möglichkeit, etwas Boden gutzumachen. Runde 2 beende ich schon ziemlich angezählt auf besagtem Rang 13.

Ich hoffe weiterhin auf meinen ollen Diesel, doch der muss heute mit zwei Zylindern weniger auskommen. Leider habe ich durch eigene Blödheit noch zwei Gels eingebüßt, die mir jetzt auf die Sprünge helfen könnten. Es geht schleppend, die Rennhärte bzw. Kraft fehlen spürbar, und der Puls driftet teilweise in den GA1-Bereich ab. Nun ist sie da, die Energiekrise. Selten habe ich mich so auf meine letzte Flasche gefreut wie jetzt. Ein Spezialzünderli. Wer Zurück in die Zukunft III kennt, weiß, wovon ich spreche. Da haut Doc Emmett Brown immerhin drei Zünderlis in den Ofen der Dampflok, um sie auf 88 Meilen pro Stunde zu beschleunigen. Genau das macht mein Zünderli auch. Nach überstandener Steilabfahrt ist es soweit. Ich greife die Flasche. Ich bin gerettet. Wehe den Leuten vor mir. Habt Acht, ich nahe. Hier kommt die Flut. Das ist so schön. Da nehme ich doch gleich mal einen Schluck ... Bloß warum schmeckt das Zeug nach Kirsche? Wieso bekomme ich das Gel nicht gelöst? Weswegen so viel Tesa-Klebeband? Ein Blick auf die Bottle verschafft Klarheit. Da steht Laura drauf. Drin ist Cherry-Vita-Cola aus dem Aldi. Verdammter Mist. Ich habe die falsche Flasche gegriffen. Das bedeutet nix Gutes. Keine 88 MpH, keine Zeitreise 45 Minuten in die Zukunft auf Platz 1. Da zündet einfach gar nix. Zum Glück geht’s nur noch um die Goldene Ananas bzw. Silberne Grapefruit bzw. Bronzene Maracuja, also drauf gewürschtelt und das Beste draus machen. Und immer schön vor der ersten Frau bleiben. Gut fürs Ego. Kurz vor der Halde überholt mich netterweise noch Herr Olaf Nützsche, sodass ich nun Vierzehnter bin. Ein paar Anstiege später komme ich ziemlich breit ins Ziel und bin bereinigte 20 min langsamer als 2015. Grandiose Performance. Laura, die auch nach langer Zwangspause beachtliche Vierte bei den Damen wird, berichtet anschließend, dass bei ihr nach der Verbottlung durch die Schwiegermama noch mal richtig die Post abging. Kein Kommentar.

Die Siegerehrung der 100 km zieht sich etwas hin, weil die Langstrecke erst am Ende prämiert wird. Da ich nun bei den ganz alten Herren starte, werde ich quasi zum Schluss aufgerufen, und erschiene ich nicht, würde ich fürs folgende Jahr disqualifiziert werden. Das hat jeder unterschreiben müssen bei der Anmeldung. Da bleibe ich mal lieber da. Ich fasse trotz unterirdischer Leistung noch einen Trostpreis ab. Anschließend wird sich brav von der Familie Stark inklusive Sebastian „FK bzw. X-Man 2.0“ Stark himself verabschiedet und die Heimfahrt vorbereitet. Vor deren Antritt jedoch rumort es mal wieder verdächtig im Bauch – da scheint sich was anzubahnen. Völlig auskuriert bin ich vermutlich doch noch nicht. Durch das Auflegen von Kuschelmusik bei vorsichtiger Fahrweise besonders in Kurven versuche ich, meinen Magen zu beruhigen. Eine klare Empfehlung dabei ist die Band Pink Floyd. Die wirklich alten Menschen kennen diese Gruppe vielleicht noch. Hast du Magen-Darm, hörst du Pink Floyd. Danke, Pink, danke, Floyd, ihr habt mich gerettet!

Okay, Seiffen kam etwas zu früh nach der langen Pause. Warum es dann auch noch die Langstrecke sein muss, sind meiner Beklopptheit und meinem Spardrang zuzuschreiben. Ich denke, noch zwei bis drei Rennen, dann geht’s auch wieder brauchbarer vorwärts.

So, nun fix richtig gesund werden, und dann sieht man sich vielleicht bei der Vier-Hübel-Tour. Bis die Tage!

Ergebnisse: hier.

Alp de Wettin
(C) by Alex Freund

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