Das Wetter passt. Kalt ist es zwar, was mir aber eher entgegenkommt
als 20 Grad plus X. Die Beinchen werden dennoch mit wärmender Latschenkiefer
einbalsamiert.
9.30 Uhr geht’s scharf. Wie immer entzerrt sich das Feld
bereits am ersten langen Schotteranstieg, übrig bleiben acht Heizer, von denen
zwei ab und an nach vorne rausfahren, einer davon mit Crossrad. Ich bleibe
stoisch sitzen, obwohl die Beinchen heute angenehm frisch sind und ich
motivierter bin als sonst. Das Loch fahren andere zu, ich vergeude nicht
unnötige Körner. Das ändert sich dann allerdings an der Bergwertung. Ich bin
zunächst überrascht, auf einmal mit etwas Abstand ganz vorne zu sein. Okay, so
einen Präsentkorb kann man schon mal mitnehmen, wenn er einem so auf dem
Präsentierteller serviert wird. Denn für die Podiumsplatzierungen gibt es quasi
nichts außer Wimpel, Plaketten und Urkunden. Das Thema bemängle ich schon seit
Jahren, und für mittlerweile 40 EUR Startgebühr, weil der Early-Bird-Meldezeitpunkt
viel zu früh verstrichen ist, muss man sich wirklich überlegen, nicht zuhause
zu bleiben. Aus ähnlichen Gründen meide ich auch den GBM, weil ich dort auch
keine 40 EUR zahlen möchte. Kritikschalter aus.
Das mit dem Präsentierteller scheint sich auch Teamkollege
Mike Baumann zu denken, der noch mehr investiert als ich, um sich den Korb zu
schnappen. Ich gehe mal wieder leer aus, verpulvere umsonst eine Menge Körner.
Die Abfahrt vom Col de Auers lassen wir es ruhig angehen und
den Rest der Gruppe wieder aufschließen. Den zweiten Anstieg hinauf zum Col de
Auers dezimiert sich unser Grüppchen um eine Person in Form des Inversionswetterlagen-Phänomens
Phillip Kohl, im Tal sind wir nämlich bloß noch zu siebt, darunter Kollege MB,
Fahrer Sölter, zwei mir völlig unbekannte alte Herren, zwei mir kaum bekannte
etwas jüngere Fahrer und ich selbst. Im Grupetto legen wir eine ganze Menge
Kilometer zurück, bis wir an den Abzweig zur Runde drei gelangen. Dort
verbottelt mich und auch Kollegen MB mein – neuer und höherer – Campingtisch
aufs Allerfeinste. Die Lücke, die wir uns einhandeln, fahren wir zu zweit
wieder zu, „begünstigt“ durch einen Rettungseinsatz auf der Talstraße. Da
werden zwei Fahrer abtransportiert, die sich vorher irgendwo weggeschmissen zu
haben scheinen. Kein schönes Bild. Nun folgt der nächste Scharfrichter, ein
giftiger Anstieg im Wald, den ich jedes Mal verfluche, zumindest wenn die Beine
nicht mehr gut sind. Dank der vermaledeiten Bergwertung sind sie das auch nicht mehr, und ich
muss vier Fahrer vor mir ziehen lassen. Zwei weitere müssen mich ziehen lassen.
Ich benötige einige Minuten, um mich im Geschlängel der Schotter- und Asphaltwege
wieder an das Quartett heranzudrücken. Zugute kommen mir dabei eine etwas
dickere Übersetzung und ein etwas windschnittigeres Rad als sonst. Am Col de
Wauwau kopple ich erneut ab, dieses Mal aber auch Teamkollege MB, dem die
Bergwertung scheinbar noch mehr in den Knochen hängt als mir. Der Versuch, sich
abermals heranzudrücken, scheitert nun aber kläglich. Das liegt vorwiegend an
mir, jedoch auch an zwei 30-Kilometer-Fahrerinnen, die konsequent trotz
Ansage die Ideallinie blockieren und nicht rüberfahren möchten. Bremsen und nicht
ganz ungefährliches Ausweichen sind angesagt, Schimpfwortkanonaden seitens der
Damen folgen, bei einer schimpfe ich sogar zurück, obwohl ich immer lieb bin. Meistens. Es gilt, bis ins Ziel Vorsicht walten zu lassen, um weiteren „geladenen“
Damen aus dem Weg zu gehen. Und warum einige Fahrer auf nur 30 Kilometern mit
Rucksäcken, Licht, Gepäckträgern, Fahrradständern und Schutzblechen fahren
müssen, erschließt sich mir nicht wirklich, kann aber durchaus gefährlich
werden. Auch für andere.
Den Zielanstieg überlebe ich auch irgendwie und komme als
Vierter der Gesamtwertung ins Ziel. Der Abstand hält sich in Grenzen, weil kein
Übermensch dabei war. Die beiden alten Herren vor mir, die ich nicht kenne und
von denen sogar einer gewinnt (Fahrer Steinmetz), sind jeweils ein Jahr jünger
als ich. Das zeigt mal wieder, dass ich wirklich alt bin und dass wir zumindest
im Langstreckenbereich in Sachsen ein Nachwuchsproblem haben, wenn sich hier – mit
wenigen Ausnahmen wie MB und Vier-Meter-Mann Phillip Kohl – fast nur alte Säcke
in die Fresse hauen. Oder liegt es am zu hohen Startgeld?
Zwischen Zieleinfahrt und Siegerehrung werden knapp drei
Stunden anberaumt. Das geht gar nicht, demzufolge, und weil mein Vadder runden
Geburtstag hat, düse ich nicht viel später nach Zieleinlauf und Ausrollen ab nach
Hause zum Feiern. Die Laune ist allerdings nicht so toll, weil ich mir ein
besseres Resultat durch meine eigene Dummheit vermasselt habe.
Ergebnisse: hier.
Bilder: gibt’s keine kostenlosen dieses Mal.
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