Raus aus der recht kurzen Ruhephase, rein in den Seiffener
Grund – der 20. EBM stand mal wieder an. Die letzten beiden Jahre fehlte ich
aus gesundheitlichen Gründen, diesmal jedoch sollte ich am Start der
100-km-Distanz stehen – und zwar mit (fast) allen Cracks des Ostens ganz vorne
im Race-Block. Unter der Woche habe ich zweimal etwas härter trainiert, was
reichen musste fürs Erste. Am Freitag kam endlich das sehnlichst erwartete
Elektrodenkabel meines Compex-Stimulators eingeflattert per Post, weil meine
Katze ja meinte, sie müsse eins der vier Kabel durchbeißen. So konnte ich am
Samstag nach der Vorbelastung noch mal fein meine Muckis stimulieren. Sebastian
Stark (FK) meinte zwar, ich solle meiner Mieze zur Strafe die Elektroden
anlegen und auf Volllast gehen, aber wenn Miezi danach aussieht wie ein
Wischmopp, habe ich auch nicht wirklich was gekonnt.
Am Rennmorgen wachte ich mit schönen Halsschmerzen auf, was
an und für sich kein gutes Zeichen ist. Hufschmerzen hatte ich seit dem Start
in Arncity nach wie vor, was sicher alles unter die Rubrik „Die Gebrechen eines
alternden Mannes“ einzuordnen ist. Fix düste ich mit dem frisch geputzten Pussywagon
nach Seiffen, holte die Startunterlagen ab, was dank Frau Stark (MdFK) recht
fix ging, da sie in der elend langen Schlange schon weit vorne stand.
Andernfalls wäre die Zeit sehr knapp geworden. Zurück am Kfz übergab ich meine Flaschen
FKs Onkel Steffen und fuhr zum Start, aber nicht ohne Umweg, denn
sprichwörtlich auf den letzten Drücker suchte ich die Latrinen auf. Glücklicherweise
saß dort kein Steve Scheffel drin, was die Sache ganz erheblich abkürzte.
Der Start erfolgte nach einem kurzen Schleichtempogeplänkel
im Ort auf der Hauptstraße; es wurde gleich ordentlich angegast, ich blieb aber
zunächst dran an der 20-köpfigen Spitze. Erst hinauf zur Alp de Wettin trennte
sich das Feld. Die üblichen Verdächtigen um die Herren Kreuchler, Stark,
Birkenfeld, Schätzing, Weinhold, Volkmann und der Dixi-Steve zogen weg, kurz
dahinter der Florian Schön, Waldi, Mütze, der Luftschutzlutz, Rumen usw. Teamkollege
Bastian Wauschkuhn bzw. HDW, seit dem Arnstadt-Bike-Marathon durch den Gewinn
einer Designersonnenbrille auch bekannt unter dem Künstlernamen Adriano
Celentano, zog hier auch langsam weg. Ich hielt mich diesmal bewusst zurück, um
am Ende noch Körner zu haben. Man weiß ja nie. Spätestens jedoch, als Matej
Meyer, die thüringische Keule, schon an der Alp de Wettin vorbei presste, hätte
mir ein Licht aufgehen müssen, dass ich vermutlich zu langsam angehe, denn er
fährt auch immer langsam los ... Mir ging aber kein Licht auf. Also rollerte
ich in Runde eins recht defensiv bzw. im fünften Gang umher. Ich fand eine
Gruppe, die zunächst mein Tempo fuhr, und konnte mit ihr die erste Runde absolvieren.
Die Trails waren schlammiger als erwartet, und ich war froh, zwei Tage vorher
einen neuen Hinterreifen draufgezogen zu haben. Unterwegs sammelten wir noch
Sascha „Waldi“ Heinke und René „Birke“ Birkenfeld ein, die alles auf eine Karte
gesetzt hatten – und überzogen. Aber wer nichts wagt, der nichts gewinnt. An
der Alp de Wettin verabschiedete ich mich nun nach vorne und fuhr von nun an
ein 70 km langes Einzelzeitfahren. Renntaktisch war das zwar Gülle, aber meine
Gruppe wurde einfach zu langsam. Runde zwei verlief unspektakulär, in deren
Verlauf ich Rumen Voigt einholte, mich vor ihn spannte und ihn ein paar
Kilometer mitnahm. Von Florentine Wauschkuhn, der MdFK und Onkel Steffen wurden
wir alle perfekt verbottelt, sodass zunächst keiner Krämpfe befürchten musste. Letztendlich
vernichtete ich vier Liter an Getränken und immerhin sechs Gels.
Die dritte Runde verging wie im Flug, aber leider erreichte
ich den vor mir fahrenden und schwächer werdenden Karsten Volkmann nicht mehr.
Der Abstand war noch viel zu groß. Nach hinten hatte ich auch genügend Luft,
sodass ich zur Alp de Wettin hinauf nicht mehr Vollgas fahren musste. Der
Sprecher dort allerdings meinte, ich sei schon Jahrzehnte dabei, was mich etwas
stutzig machte, denn so alt bin ich nun auch noch nicht … ein wenig
übertrieben, der Herr. Und übrigens: Wenn die Stimme versagt, weil der Hals rau
ist, hilft Wick Blau – extra stark, extra frisch. Im Ziel wurde ich vom zweiten
Streckensprecher empfangen, durfte ein paar Worte ins Mikrofon sprechen und
mich darüber freuen, dass Andreas Fischer, der Hauptmoderator, für meinen Blog
warb, der Gute, und dass mein Rad bis auf das übliche, ärgerliche Problem mit
dem Hinterrad ohne nennenswerte Defekte durchhielt, was ein Novum für Seiffen
darstellte. Im Ziel fühlte ich mich zu meiner Verwunderung noch recht fit, was
darauf hindeutete, zu defensiv angegangen zu sein. Na ja, nachher ist man immer
schlauer. Noch fix ein Lichtbild mit einer attraktiven Brünetten und einem
attraktiven Nussknacker geschossen, ging’s zur Nachbesprechung mit den vor mir
ins Ziel gehuschten Fahrern. Es stellte sich heraus, dass Adriano Celentano
einen bomben Tag erwischt hatte. Bastian ging heute ab wie ein russischer
Abfangjäger. Er feierte am Freitag Polterabend, war laut Aussage von FK zwar
fix und fertig, dennoch gab er mir heute stolze 11 min. Was Spanferkel,
Birnenschnaps und Quarkkeulchen alles so mit einem anstellen können, ist
beachtlich. Er hatte natürlich das Glück, in einer schnellen Gruppe unterwegs gewesen
zu sein, was mir leider vergönnt war, dennoch wäre ich heute nicht an ihn
rangekommen. Er verpasste nur ganz knapp den vierten Gesamtplatz, den sich im
Sprint Andi Weinhold sicherte, und wurde Fünfter (1. AK). Zur Trans Schwarzwald
werde ich ihm ein Abschleppseil an den Sattel binden, sodass er mich schön über
die Hügelchen zieht. Sebastian Stark durfte sich über Gesamtrang zwei und 200
EUR Taschengeld freuen, der alte Heizer, ich wurde erfreulicherweise noch
Achter (3. AK), womit ich mich für die hiesige Siegerehrung qualifizierte.
Dennoch bin ich im Team heute der Schlechteste gewesen mit Platz acht auf dem
Hunderter. Sorry dafür! Ich wollte mich später daheim schon vom Balkon stürzen,
aber im Erdgeschoss trägt man nicht mal Schürfwunden davon ... Ich rechnete
nicht damit, so weit vorne zu landen und der Siegerehrung beiwohnen zu dürfen,
so blieben meine häuslichen Pflichten auf der Strecke – auch meine kleine
Katze, der ich kein Trinken hinstellen konnte. Meine leibliche Modder übernahm
das gottlob trotz ihrer Katzenallergie, sonst hätte mich die kleine Bestie rund
gemacht. Aber sie rächte sich abends, als sie das erste Mal raus durfte – sie
stieg in fremde Häuser ein, in fremde Balkons, scheuchte einen versteckten Igel
auf und lieferte sich ein Fauch-Duell mit einem erwachsenen, dicken Kater. Jedenfalls
klingelte es abends zweimal bei mir, dass sich meine Katze irgendwo unbefugten
Zutritt verschafft hatte. Blöd, wenn man da schon den bunten Schlafzwirn
angelegt hat, mit Compex-Elektroden verkabelt ist und aussieht wie ein
Weihnachtsbaum. Das kann ja noch was werden …
Auf der Mittelstrecke, den 70 km, wurde unser Sonnenschein
Laura Hoffmüller bei den Männern beachtlicher Fünfzigster bzw. deutlich Erste
bei den Damen. Immanuel Stark holte sich haushoch den Juniorensieg, HDW gewann
obendrein noch die Gesamtwertung in der MarathonManEurope-Serie, und das,
obwohl ich ihn beim Malevil-Cup in Tschechien über den Haufen fuhr. Grandios.
Das Duschen fand leider getrennt nach Männlein und Weiblein
statt, sodass ich Laura, unserer Teamärztin in spe, nicht meinen defekten Huf
oder meine wohlproportionierten Muskelstränge vorführen konnte. Zumindest
konnte ich ihr im Festzelt etwas von meiner Oberarmmuskulatur zur Schau stellen
und sie etwas amüsieren.
Andreas Fischer moderierte professionell die Siegerehrung,
die fast 90 min ging mit allen Sonderwertungen etc. Schön war, dass die Handicap-Wertung
voll mit integriert wurde. Was diese Leute leisten mit nur einem Bein, ist
unglaublich. Weniger schön war die Hitze im Zelt, wofür natürlich keiner was konnte.
HDW hielt es drinnen gar nicht aus und stand vor dem Zelt, ich selbst
missbrauchte einen Flyer als Fächer zur Frischluftzufuhr. Zur Siegerehrung
gab's dann in der AK-Wertung einen Mini-Elch aus Holz, ein sogenannter
"Elch zum Knutschen", und für die Gesamtwertung einen großen, grünen
Nussknacker. Den Elch durfte ich anschließend freundlicherweise gegen einen
großen Räuchermann eintauschen, der im Nutzeffekt deutlich vor dem Elch
rangiert. Eine Pyramide, die auch häufig als Preis vergeben wurde, hätte bei
mir und dieser merkwürdigen Katze daheim nicht sehr lange überlebt ...
Nach der Ehrung aller Sieger wollte ich noch fix mein Bike durch
die Feuerwehr abspritzen lassen, während der Flaschenklau nach meiner
technischen Einweisung den Pussywagon vom entfernten Parkplatz ins Startgelände
zirkulierte. Er kam ohne Unfall durch. Leider zeigte sich der Spruch „Feuerwehr
– Schläuche leer“ ausgerechnet bei mir wahrer denn je, da auf einmal das Wasser
alle war und mein Bike nicht wirklich vom Dreck befreit wurde. Cheise, große.
Und es zeigte sich, dass unsere Laura noch ein bisschen Diät halten muss, da
sie mit ihrem linken Huf brutal eine Erdkröte zerquetschte. Sind die Kröten
flach wie Teller, war die Laura wieder schneller …
Was bleibt als Fazit? Die Generalprobe für die Trans
Blackforest ist für uns alle geglückt, ich habe noch Reserven – besonders zu
Rennbeginn, und wir sollten tunlichst Birnenschnaps und vier bis fünf
Spanferkel mit in den Schwarzwald nehmen. Und unser Sonnenschein Laura isst bis
dahin nur noch Salat. Die EBM-Organisation war wie immer top, Zuschauer und
Stimmung natürlich auch. Und es schneite nicht!
Nun gut, auf geht’s in den Schwarzwald. Mal schauen, wie’s
so läuft am Abschleppseil von Adriano Celentano. Bye.
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1 Kommentar:
Wie immer klasse Bericht, Guido ;)
Deine Beiträge werden aber auch immer länger...
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